Front majorMusikalisch relaxt zwischen JJ Cale und Chris Rea geht es zu, wenn die zwei Urgesteine der deutschen Blues- und Rockszene im Studio aufeinander treffen. Wer von „Men In Blues“ ein Feuerwerk von Highspeed-Gitarren erwartet, wird enttäuscht sein. Wer aber Wert auf gut erzählte Bluessongs legt, hat an dem ersten Studioalbum des Duos sicher seine Freude.

Wenn man in der Nordostecke Deutschlands wohnt, dann bekommt man nicht mit, was sich so in der Live-Szene des Landes tut. Auch die gemeinsame Tourne von Richard Bargel und Klaus „Major“ Heuser mit Band 2010/2011 ging so leider an mir vorbei. Denn wer wie ich seine musikalische Sozialisation in den 80er Jahren in der DDR erlebt hat, für den gehört der „Major“ zu den wichtigen Helden: Wie er die BAP-Konzerte im „Rockpalast“ mit seiner Gitarre geprägt hat, das bleibt in Erinnerung. Und ihn endlich mal im Konzert wirklich zu sehen ohne Bildschirm dazwischen, das würde mich schon sehr reizen. BAP als Band war für mich nach seinem Ausstieg erledigt. Richard Bargel – das muss ich zu meiner Schande gestehen – gehört zu den vielen Musikern in den westlichen Bundesländern, die bislang noch nie auf meinem Radar aufgetaucht waren. „Men In Blues“ ist so ein in doppelter Hinsicht für mich spannendes Erlebnis.

Diese ganze persönliche Reflexionsebene verschwindet allerdings vollständig, wenn man sich auf das sehr ruhige Album eingelassen hat. Nur selten wird es hier wirklich rockig, auch wenn die Gitarrenriffs von Heuser niemals wirklich fehlen und die Dobro von Bargel reizvoll in ein eigenes Licht rücken. Aber die von Bargel und Heuser gemeinsam geschriebenen Songs von „Men In Blues“ zählen eher zu den meditativen Bluessongs in der Gefolgschaft von JJ Cale. Es kommt nicht auf die vordergründigen Effekte an, auf den aufpeitschenden Groove sondern auf die Stimmung. Und die ist bei Songs wie „Don Quixote“ genau die angebrachte: Hier erzählt Bargel von seinen Jahren im Kampf gegen den Alkohol und um sein Leben.  Klar könnte man darüber einen Freudenrocktanz aufführen. Doch die Wunden sind niemals wirklich weg. Die Narben erinnern einen ständig an seine Wunden. Und wieso sollte man angesichts eines weiterhin möglichen Scheiterns in grundlosen Jubel ausbrechen?

„Men In Blues“ ist ein sehr hörenswertes Album. Schön, dass sich die Beiden gefunden haben – in dieser Konstellation kann man in den nächsten Jahren hoffentlich noch weitere gute Bluesmusik erwarten.