„ach, wieder so ein bescheuerter spruch.“ doch der spruch aus der kindheit querte den schädel des mannes: WAS DU HEUTE KANNST BESORGEN, DAS VERSCHIEBE NICHT AUF MORGEN! „und dann auch noch mit ausrufezeichen dahinter.“ sagte der mann.
also kämmte er sich die haare und war mit dem runterspülen seiner ausgefallenen haarbüschel im wasserklosett froh, daß er sich erstmal nicht weiterhin im weg stand, band sich am kopf zusammen, steckte diesen in den einzig aufgeräumten und übersichtlichen teil seiner wohnung, in den kühlschrank, und fühlte sich wie das im eisfach steckende, vom wachsenden eis deformierte stück butter, ging abgekühlt zerkühltverfroren auf die straße, hörte ein ungutes geräusch heranrauschend fix lauter werden, sprang geräuschgewarnt vorsichtshalber zur seite und betrachtete den neben ihm zerberstenden dachziegel. genauso war ich gestern drauf, genau wie dieses gebrannte zerhämmerte teil!, dachte der mann, war froh, daß er der gestrigen erledigten zeit keinen hühnerring zur danksagung an einen überstandenen tag über eine ihrer unzählbaren krallen gestriffen hatte, und glücklich überhaupt über den nicht umständlichen umstand, der vergangenheit nie eine freundschaft angeboten zu haben.

„mann, du warst früher mal so ein hübscher. was warst du für ein hübscher kerl.“
der mann sah in ihr rotbläulich verfärbtes gesicht. wie bunt doch alkohol auch frauen machen konnte. ausgezehrt und dennoch ein bißchen aufgedunsen, das antlitz der feststellenden frau.
„ja, na und? vergangenheit. aber dafür hast du dich wenigstens gut gehalten, siehst immer noch aus wie die alte vroni.“ oder hätt ich frohni sagen sollen? juckte es ihn innern.
„danke.“ sagte sie, „aber du, mann, was warst du mal für ein hübscher kerl. dir sind doch alle frauen hintergelaufen damals.“
„meinst du? kann mich gar nicht an frauen erinnern. oder meinst du die jungen mädels?“
„du warst mal so ein hübscher. was ist bloß aus dir geworden? weißes haar und so, mann, was warst du für ein hübscher kerl. alle frauen…“
„oh, schön dich zu sehen, das ist ja eine überraschung, nach so langer zeit…“ wandte sich der mann einem anderen besucher zu, und bevor er seinen satz beenden konnte, etwas von dem anderen menschen hörte, schaltete sich vroni wieder dazwischen: „war ’ne tolle lesung. sind das alles deine bücher da drinnen auf dem tisch?“
„wenn mein name drauf steht ja, aber wenn du eins kaufst, dann ist es nicht mehr meins, sondern deins.“
die frau lachte: „du bist immer noch so lustig drauf wie früher.“ und ihr etwas abseits stehender mann schaute den autor abgeneigt und argwöhnisch von der seite an.
„komm mal mit rein, günni, ich will mir die bücher anschauen. bis nachher, peter.“ wedelte sie lachend im gehen mit einer hand, “nun komm schon, günni.“ und ihr mann ging widerwillig ein paar schritte hinter ihr her und blieb dann einfach stehen.
irgendwer tippte dem autor auf die schulter, er drehte den blick in schultertipprichtung, hörte dennoch vronis aufforderung: „günni, nun komm doch nochmal mit rein, hast du genug geld einstecken, nun komm doch…“, nickte den gruß des ihn anlächelnden menschen ab, schaute erneut zu vroni und ihrem mann, und auch vroni drehte sich wieder zum autor und schmetterte ihm laut entgegen: „du warst wirklich mal ein ganz, ganz hübscher mit deinen langen schwarzen haaren und wie du die beim tanzen auf den boden geschleudert hast…“ und er rief ihr nach: „matte peitschen hieß das! das war mattepeitschen, und zwar solange bis im nachhinein gekotzt wurde.“
„…aber du warst…“ 
es nützte nichts. und er schaute an menschen vorbei in die erleuchtete wirkstatt, sah sie eintreten, sah, wie die frau mit einem verklärt lächelnden gesicht die bücher betrachtete und wie der mann der frau distanziert mit steif auf dem rücken verschränkten armen und einem wie in stein gehauenen gesicht abseits stand.

UNTERM SAFT GEHT’S WEITER / 32