Zwischen wildem Rock & Roll und dem einsamen Singen einer Bluesgitarre: Innes Sibun hat für sein aktuelles Album „Lost In The Wilderness“ zwölf Songs gesucht, die ihm die Möglichkeit geben, seine Vielseitigkeit als Gitarrist und Sänger unter Beweis zu stellen.
 

Lust auf Party mit wildem Tanz? Dann ist der erste Song genau richtig: Bei „You Can‘t Miss What You Never Had“ schlägt das Herz jedes Rock&Rollers sofort im richtigen Takt, die Füße zucken und ein beseligtes Grinsen schleicht sich in das Gesicht. Doch schon beim nächsten Lied kommt der Kontrast: „Lost In The Wilderness“ ist die Art von Bluesballade, bei denen Gitarristen ihre Liebe zu Gary Moore vollkommen ausleben können – hier klagt ihr Instrument in reinen Linien, der Backgroundchor sorgt für Gänsehaut. Und man fühlt die Verlorenheit mit allen Fasern die ganzen sechseinhalb Minuten lang.

Nächstes Lied, nächster Kontrast: „Where Are You“ ist Instrumental, das irgendwann mal bei einem zwanglosen Jam entstanden sein muss, das aber seither nicht wirklich seine Kanten verloren hat: Zwei Gitarren bauen eine romantische Stimmung, oder sollte man eher sagen: eine romantische Klangtapete? Für mich ist das zu belanglos. Zum Glück kommt dann mit „There Will Be“ wieder eine rockendere Nummer – kein spektakulärer Song, aber eingängig und mit Spaßfaktor. Und dann mit „Double Trouble“ schon wieder ein langsameres Bluesmonster von fast sieben Minuten.

So abwechslungsreich bleibt das ganze Album – für mich ergibt sich da nicht wirklich ein geschlossenes Bild. Doch „Lost in The Wilderness“ ist nur selten langweilig und häufig sogar ziemlich großartig. Denn bei aller Brillianz, die Sibuns Gitarrenspiel hat – er erliegt fast nie der Versuchung, seine Solos zum Blendwerk verkomen zu lassen. Dafür ist er viel zu sehr Blueser im Herzen und nicht ein Rockstar mit Stadion-Attitüde. Und deshalb kann man das Album guten Gewissens weiterempfehlen.