CoverMagenschmerzen und Traurigkeit kann man bekommen, wenn man diese Welt unvoreingenommen betrachtet. In den dreizehn Liedern seines aktuellen Albums "Kamille und Mohn" liefert Hans-Eckardt Wenzel die passende musikalische Medizin gegen den Weltschmerz.

Kaum ein Liedermacher deutscher Zunge hat in den letzten Jahren so lyrisch und konsequent die Zeitläufte in Musik verwandelt. Auch wenn man längst nicht jedes der kaum noch zählbaren Alben von Hans-Eckardt Wenzel nennen oder hören mag, war doch jedes mindestens ein Hinhören wert. Doch in all den verschiedenen Projekten zwischen Dichtervertonungen oder Vertonungen seiner Texte durch andere ging oft der eigentliche Charme und Sog dieses Musikers verloren. Jetzt ist er endlich mal wieder bei sich selbst angekommen.

"Kamille und Mohn" könnte man nicht wirklich bösartig als musikalische Naturheilkunde bezeichnen: Wenzels Lieder über das Scheitern und die Traurigkeit, über Heimweh und Vergessenwollen entwickeln wie gute Medizin einen Sog, in den man sich zu gern fallen lässt: Wir folgen dem Sänger freiwillig in Whisky-Räusche oder Joseph Roth ins Exil nach Paris, wir trauern der eigenen Vergangenheit nach, all den verpassten Chansen. Und am Ende sind die wilden Schmerzen sanft betäubt. Doch man weiß, dass sie noch da sind. Nur haben sie ihren Schrecken verloren. Lange war Wenzel nicht mehr so lyrisch vielschichtig und gleiczeitig musikalisch so zwingend wie auf diesem Album. Erinnerungen werden wach an das zu lang nicht mehr gehörte Debüt "Stirb mit mir ein Stück". Nur dass Wenzel eben hier von einer Band begleitet wird, die sich ganz dem romantischen Fluss der Texte unterordnet und jeden Versuch, die Stücke zu zerrocken widersteht. Ein wundervolles Stück deutscher Liedkunst!