Letztens gab es folgende Szene in einer Konzertpause: Ein Fan spricht den Musiker, der zum ersten Mal in Deutschland zu erleben ist, an: Ich hab Dich mal im Radio gehört. Es muss irgendeine Samstagnacht gewesen sein. Denn im Deutschlandfunk lief Blues. Über viele Jahre waren der Deutschlandfunk und das Deutschlandradio Kultur die landesweit zu empfangenden Bastionen für Blues. Bei der letzten Programmreform verschwand die nächtliche Bluessendung beim Deutschlandradio. Jetzt ist auch beim Deutschlandfunk das Ende beschlossen: Leo Gehl, der langjährige Redakteur ist im Ruhestand. Und der Kölner Sender nimmt diese Gelegenheit zum Anlass, den Blues aus dem Programm zu streichen. Viel lieber wollen sie mehr Geld in den Ausbau des Online-Radios stecken. Blues ist nach Meinung des Senders nicht relevant. Und überhaupt kann das ja auch der Jazzredakteur mit machen. Schließlich gibt es auch dort Blue Notes. 

Für mich waren Sendungen wie der Early Morning Blues von Leo Gehl oder auch die Bluesbeiträge von „Live on Stage“ einer der Gründe, mich für Rundfunkbeiträge auszusprechen. Auch wenn natürlich über die unmöglichen Sendezeiten irgendwann kurz vor dem Aufstehen immer gelästert werden konnte. Jetzt bin ich als Bluesfan wirklich sauer: Keiner der öffentlich rechtlichen Sender sieht es als seine Pflicht der Grundversorgung an (vom Bildungsauftrag ganz zu schweigen), sich der für die Entwicklung der populären Musik wichtigen Richtung zu widmen. Kein Platz mehr, wo neue Alben und interessante Künstler vorgestellt werden. Blues im Radio spielt sich hierzulande bald nur noch im Internet oder bei Lokalsendern und offenen Kanälen ab. Das ist wirklich eine Schande!

Klar, auch in anderen Ländern hat es Blues im Radio immer schwerer. Doch die BBC gönnt sich eine Sendung wie die von Paul Jones. Und im National Public Radio in den USA werden neue Alben auch aus dem Blues ausführlich vorgestellt. Das ist nach deren Meinung öffentlicher Auftrag. Warum gilt das nicht auch in Deutschland?
Vielleicht liegt das auch daran, dass Musiker, Veranstalter, Fans und engagierte Journalisten keine wirklich gemeinsame Lobbyarbeit betreiben. Eine Plattform wie die Bluesfoundation in den USA kann mit ihren Blues Music Awards etwa ein deutliches Gegengewicht zu den in Sachen Blues zu vernachlässigenden Grammys setzen. Da wird die Preisverleihung live im Satelittenradio übertragen. Und die ganze Szene trifft sich in Memphis.

Hierzulande ist man sich nicht mal drüber einig, ob German Blues Awards überhaupt notwendig sind. Und man kritisiert regelmäßig deren Vergabe und die Abstimmungsmodalitäten. Und das nur, weil ein Verein einfach gesagt hat: wir machen das jetzt.

Ich bin bloß froh, dass bei den vielen Menschen, die mittlerweile die Wasser-Prawda nicht nur lesen und weiterempfehlen sondern sie auch mit Texten und Bildern unterstützen solche kleinlichen Gedanken keine Rolle spielen. Nur so kann man wirklich ein aktuelles und verlässliches Magazin über die Bluesszene hier und in aller Welt machen. Dafür an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön!