Sergio Bizzio: Stille Wut
Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt (9. August 2010)
ISBN-10: 3421044163
ISBN-13: 978-3421044167
Originaltitel: Rabia
Rezensiert von Kristin Gora
Rosa und José Maria sind ein Liebespaar, das sich am Wochenende für eine Nacht in einem Hotel einmieten muss: „Sie hatten sich im Supermarkt an der Kasse kennengelernt. Rosa war Hausmädchen in der Villa der Binders, und José Maria arbeitete auf einer Baustelle.“
In der Villa gibt es strenge Regeln. Unter der Woche reicht es nur für einen Kuss vor der Tür, doch als die Binders verreisen, werden die Regeln umgeschrieben. Als die Bewohner der Villa dann unerwartet früher nach Hause kommen, muss sich José Maria schnell verstecken. Rosa geht davon aus, dass er heimlich das Haus verlassen hat, worin sie sich jedoch täuscht: Maria hat sich in die Mansarde zurückgezogen, wo er sich nun über mehrere Jahre verstecken wird.
Das José Maria von allen Maria gerufen wird, ist für den Leser zunächst verwirrend. In den ersten Kapiteln, in denen die Personen langsam vertrauter werden, neigt man doch dazu, Mann und Frau zu verwechseln.
Ein weiterer Name, der interessante Assoziationen aufruft, ist der eines der Widersacher Marias, der dafür bekannt ist, Ausländer zu hassen, Maria als Judensau betitelt, und selbst Israel heißt.
Aber nicht nur die Namen schreiben ein Programm:
„José Maria sah zum Himmel auf, wo zwischen tiefschwarzen Wolken ein Gewitter saß. Jeden Moment konnte der Sturm losbrechen.“
Alles beginnt wunderschön, wie ein Traum, bis die Realität einbricht. Nach einer eigentlich banalen Auseinandersetzung mit seinem Vorarbeiter wirft dieser Maria raus. Maria lauert ihm nach der Arbeit auf und bringt ihn um. Er erlebt die Willkür des anderen an sich selbst und wehrt sich. Dann, sich vor der Polizei in der Mansarde versteckend, sieht er das Leid der anderen, das Leid Rosas. Nachdem der Sohn der Familie Binder sie vergewaltigt, wird der Protagonist zu einer Heldenfigur, einem stillen Rächer.
„Das Verbrechen hatte ihn dazu genötigt, sich zu verstecken, doch der Kummer war es, der ihn zum Mönch gemacht hatte.“
Auch Rosa weiß nicht, dass er im Haus ist. So wird der Mann, der keine verbale oder körperliche Auseinandersetzung scheute, ein Mann, der in der Mansarde zum Gespenst wird, das nicht in die Welt zurück kann und nur gelegentlich sein Rasseln hören lässt. Wie laut kann die Wut eines Unsichtbaren werden?
Der Autor Sergio Bizzio, geboren 1956 im argentinischen Villa Ramallo, hat als Drehbuchautor und Regisseur seine Karriere begonnen. Mit „Stille Wut“ schaffte er den internationalen Durchbruch.
Das abschließende Urteil:
Bizzio beschreibt das Personal seines Romans, das aus den verschiedensten Schichten und Kreisen der argentinischen Gesellschaft stammt, auf eine extrem intensive und bezeichnende Art uns Weise, so dass sich dem Leser ein Sittenbild erschließt, indem er selbst zur stillen Wut neigt und mit dem mordenden Protagonisten sympathisiert. Ein demaskierendes, intensives, und unbedingt empfehlenswertes Buch.
Die Übersetzung aus dem argentinischen Spanisch von Sabine Giersberg ist in diesem Jahr in der Deutschen Verlagsanstalt erschienen und für 19.99€ zu erwerben.
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