Retroblues vom Feinsten bietet der aus Hildesheim stammende Gitarrist Till Seidel mit seiner Band auf dem Album „Lazy Man’s Land“. Diese Scheibe ist eines der überzeugendsten Debüts deutscher Musiker in den letzten Jahren.

Die Bluesgeografie Deutschlands ist ein spannendes Forschungsgebiet. Als in der DDR geborener Jugendlicher kannte ich mich lange natürlich mit den Bands etwa aus Thüringen oder Berlin aus. Aber in den letzten Jahrzehnten entdeckte ich für mich verschiedene andere Hotspots dieser Musik hierzulande. Und da gehört Hildesheim unbedingt hinzu. Und das schon seit es in Deutschland überhaupt so etwas wie eine Bluesszene gibt. Hierher kamen etwa die deutsch singenden Bluesrocker Das Dritte Ohr. Und heute verbindet man mit der Stadt natürlich vor allem B.B. & The Blues Shacks.

Wenn man als junger Musiker in so einer Stadt aufwächst (die noch dazu mindestens einen großartigen Bluesladen hat, wo internationale Stars auftreten), dann hat man es leicht, die Vielseitigkeit und Faszination des Blues zu entdecken. Und so nimmt es nicht wunder, dass Till Seidel schon als Kind eine Alternative zu der Plastikmusik des Radios suchte, und letztlich beim Blues landete. Als Gitarrist in verschiedenen Bands spielte er lange hauptsächlich den Blues der 50er Jahre.

Seine eigenen Vorlieben, das hört man schon von den ersten Klängen des Albums an, liegen aber ein paar Jahre nach der elektrischen Bluesexplosion in Chicago. Sein Gitarrenspiel orientiert sich mehr an B.B. und den anderen Kings, an T-Bone Walker oder auch Johnny Guitar Watson als am Chicagoblues. 

Acht Songs, vier eigene und vier Cover hat Seidel mit seinen Mitstreitern Malte Albers (dr), Dirk Vollbrecht (b), Nico Dreier (keyb) und Fabian Fritz (org) live im Studio eingespielt. Und wenn dann nach dem Instrumental als Opener Seider zu singen beginnt, dann ist die Überraschung komplett: Hier ist nicht nur ein fantastischer Gitarrist mit einer erstklassigen Band zu erleben. Seidel ist auch ein sofort packender Sänger, der selbst im langsamen Soulblues überzeugen kann! So bekommt man eine Musik zu hören, die groovt und swingt, dass es einen fast vom Sitz haut. Und im nächsten Moment barmt man mit dem Sänger mit, wenn er seiner Angebeteten einen musikalischen Heiratsantrag macht.

„Lazy Man’s Land“ ist ein großartiges Album nicht nur für Freunde des Retroblues. Und mit Sicherheit ist das bislang das Debüt des Jahres für mich – und das nicht nur aus Deutschland!