vhpWenn Bluesgitarrist Vincent Hayes Bürgermeister wäre, dann würde an jeder Ecke ein Straßenmusiker spielen. Und alle Musiker und anderen Künstler hätten Zugang zu einer bezahlbaren Krankenversicherung.

Was die Online-Ausgabe der Muskegon-News in ihrer Reportage über das Vincent Hayes Project schreibt, wirft ein bezeichnendes Licht auf die amerikanische Gegenwart einerseits andererseits aber auch auf die Lage von Musikern weltweit. Wie bitteschön soll man als Künstler in einer Nische der Musikindustrie von seiner Musik leben können? Im Blues sind es nur wenige Musiker, die etwa vom Verkauf ihrer Platten genug verdienen können. Andere spielen sich Jahre lang den Arsch ab, nur um die laufenden Rechnungen begleichen zu können. Auf einen grünen Zweig kommt man so kaum. Und oft hat man noch nicht mal das Geld, um eine brauchbare CD produzieren zu können – den Traum vom hochdotierten Plattendeal kann man sich als Blueser am Start seiner Karriere eh abschminken.

Vincent Hayes jedenfalls – als Musiker schon ein alter Hase im Geschäft – versuchte zuletzt, eine wöchentliche Bluessession in West Michigan zu etablieren. Doch auch wenn zahlreiche Leute kamen, brachten die Veranstaltungen dem Besitzer des Ladens  nicht genug ein, so dass das Experiment recht kurz blieb. Doch davon lässt sich Hayes nicht abschrecken – irgendwie muss es doch möglich sein, den Blues nicht nur im Süden sondern auch in West Michigan heimisch zu machen.

Mit seiner Band, zu der noch David Alves (Bass), Donny Hugley(Perc), Christian Van Antwerpen (Keyboards) und zeitweise Pianist  Steve „Doc“ Yankee gehören, ist er bei den Bluesfestivals in seinem Bundesstaat ein regelmäßiger Gast. Und er hat auch schon für Bands wie die von Steve Miller und Joe Bonamassa den Opener gemacht. (Miller outet sich seither als echter Fan des Gitarristen.)

Am 26. März erscheint mit „Reclamation“ die erste CD des Projekts – produziert unter anderem mit Hilfe von Toningenieur Glenn Brown, der schon bei so verschiedenen Leuten wie Eminem oder Spinal Tap für den Mix zuständig war. Gefeiert wird das mit einer regelrechten Konzertreihe. Das Album enthält elf vom Chef selbst geschriebene Nummern – klassischer Blues, Bluesrock,… zeitgenössischen Blues auf sehr hohem Niveau könnte man kurz sagen. Der Stolz auf das Werk ist Hayes anzumerken – doch ebenso wie es fünf Jahre gedauert hat, die Produktion der CD erst zu ermöglichen ist auch der Vertrieb nicht so ganz einfach, wenn man keinen Major-Deal im Rücken hat. Übers Internet ruft er seine Fans auf, die Platten direkt im Freundeskreis zu verkaufen – für 25 verkaufte Scheiben verspricht er kostenlose T-Shirts. Ob das funktionieren kann, ist noch unsicher. Aber so pflegt man auf jeden Fall den direkten Kontakt zu den Fans. Und macht sich nicht abhänig von irgendwelchen obskuren Labeldeals, bei denen man als „Neuling“ vielleicht am Ende noch draufzahlen würde.

Update 2. September 2010: Reclamation ist in den Staaten ordentlich gelaufen. Konzerte führten quer durchs Land. Und mittlerweile sind The Vincent Hayes Project selbst für einen Blues Music Award in der Kategorie „Best New Artist Debüt“ im Gespräch. Und schon allein die Nominierung könnte die Karriere der Band aus dem lokalen Umfeld hin zu einer weltweiten Aufmerksamkeit lenken. Und um die nötige Fanbasis noch zu erweitern verschenkt man jetzt den Song „Insecurities“ als Download an alle, die sich in die Mailingliste der Band eintragen lassen.
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