CoverEinige Kritiker und Fans halten das 1978 erschienene Album "Some Girls" für das letzte wirklich gute Werk der Rolling Stones. Die jetzt erschienene Ausgabe enthält auf der zweiten CD zwölf bislang nicht offziell erhältliche Titel, die man getrost heute als neues Stones-Album hätte verkaufen können.

Klar, dass man jetzt immer wieder auf die Klatsche hinweist, die die Stones Ende der 70er vom Punk erhielten. Sie waren reich und bequem und völlig drogenvernebelt geworden. Und wenn Keith nicht ansprechbar ist, brennen bei Mick Jagger wahrscheinlich sämtliche Geschmacksbremsen durch. Und so ist denn auch "Some Girls" ein Glücksfall geworden. Erstmals ist Ron Wood komplett bei den Sessions als neuer Gitarrist dabei. Und die Lust nach dem Dancefloor bei Mick findet in "Miss You" ein Ventil, was dennoch eindeutig nach den Stones klingt (und mit Sugar Blue's Solo eine der extremsten Klangexkursionen auf der Bluesharp überhaupt enthält). Bei Stücken wie "When The "Whip Comes Down" ist dann der Punk durchaus auch hörbar: so hart, rotzig und frech waren die Stones zuletzt in den 60ern gewesen. Wenn auch der pure Blues von damals auf "Some Girls" schon verschwunden ist.

Den Blues bekommt man dann allerdings auf CD 2 der Deluxe-Edition. Und auch den Country-Rock. Und überhaupt Songs, die zu Unrecht bislang in den Archiven vergraben waren. Das geht schon mit "Claudine" los, dass man damals aus rechtlichen Bedenken nicht mit aufs Album nahm. Aber auch "When You're Gone" oder "So Young" sind feinster Stones-Rock, wie man ihn sich heute wieder wünschen würde.

Man mag kritisch einwenden, dass Jagger etliche der Gesangsspuren heute neu aufgenommen hat. Und er ist heute eindeutig nicht mehr in den 30ern sondern doppelt so alt. Und so klingt seine Stimme denn auch. Aber im Vergleich zu "Super Heavy" merkt man, dass man dem Maestro eben einfach paar gute Songs geben muss und er dann wirklich großartige Musik draus machen kann.

"Some Girls" ist in der Deluxe-Fassung ein Pflichtkauf nicht nur für Stones-Fans. Es ist ein Album, dass deutlich macht, was heutzutage der Rockmusik viel zu häufig fehlt.