CoverEin Streit, wer der beste Bluesharpspieler weltweit ist, ist müßig. Denn wirklich gut kann ein Spieler nur sein, wenn er seinen ganz eigenen Stil gefunden hat. Und damit entzieht er sich eigentlich schon jeglicher Kategorisierung. Wie etwa Rod Piazza mit seinem neuen Album „Almighty Dollar“ eindrücklich unter Beweis stellt.

Es ist schon ein seltsames Zusammentreffen: Der wochenlange Streit um die amerikanischen Staatsschulden wurde beigelegt. Und gleichzeitig landet hier ein Album mit dem Titel „Almighty Dollar“ in meinem Player. Aber damit wird mal wieder deutlich, dass sich Musiker auch im Blues noch nicht völlig in eine politikfreie Wohfühlnische in ihrer Songschreiberei verabschiedet haben. Wobei der Titelsong von Piazzas neuem Album nun gerade nicht ein patriotisches Loblied auf die allmächtige amerikanische Währung sondern ein Lied darüber, wie man sich als Künstler immer wieder ausstrecken muss, um genügend Dollars zu bekommen zum Leben und Arbeiten. Rod Piazza macht dies mit einer Intensität und gleichzeitig mit der für den Westküstenblues so charakteristischen swingenden Leichtigkeit.

Das Album, das Piazza mit seiner langjährigen Begleitband The Mighty Flyers aufgenommen hat, ist ansonsten ein Lehrstück dafür, wie man die Bluestraditionen aus dem Chicago der Nachkriegszeit in der Gegenwart pflegen und vorsichtig aktualisieren kann. Nummern von Virtuosen und Vorbildern wie Little Walter oder Muddy Waters hat nun eigentlich jeder Harpspieler im Repertoire. Aber die Zahl derer, die der Virtuosität der Aufnahmen von Little Walter gewachsen sind, ist ziemlich klein. Und noch weniger Bands gibt es in der Welt, die diese Virtuosität in ein Arrangement einbauen können, das nicht als vordergründige Shownummer protzt.

„The Almighty Dollar“ ist nach den im letzten Jahr erschienenen Platten von James Cotton und Charlie Musselwhite das dritte Statement der mittlerweile „Alten Garde“ des Harmonikablues. Und vom rein musikalischen Standpunkt aus ist es zwar nicht so genial wie „The Well“ von Musselwhite, doch wesentlich aufregender als Cottons doch im Nachhinein reichlich altersschwach erscheinendes Album „Giant„.