Wenn jemand in einem Alter, wo viele schon an die Rente denken, sein Debütalbum veröffentlicht, dann macht das neugierig. Besonders wenn dieses Album wie bei Rick Pisano’s „Dawn of a waking man“ so gar nicht wie ein Debüt klingt.
Bluesrock hören wir da. Lieder über den Boston Blues, über das Leben, den Blues und den ganzen Rest. Manchmal ist auch ein wenig Folk zu erkennen. Und auf jeden Fall jede Menge dessen, was Marketingstrategen aus lauter Verlegenheit als „Classic Rock“ etickettieren. Dabei ist das 2008 erschienene Album eine sehr aktuell klingende Scheibe. Auch wenn Rick Pisanos musikalische Biografie bis ins Jahr 1964 zurückreicht.
Damals waren die Beatles in den USA, traten in der Ed Sullivan Show auf. Und gemeinsam mit seinem Bruder Fred (beide damals noch im Teenageralter, Rick 12 und Fred 15) verfiel er der Magie der Pilzköpfe. Nichts anderes zählte mehr. Seine Eltern kauften ihm eine E-Gitarre und Fred ein Schlagzeug. Und das war die Geburtsstunde ihrer ersten Keller-Band. Und damit waren sie wild darauf, es im Musik-Business zu was zu bringen.
Was folgte waren Auftritte in kleinen Nachtclubs und Lounges zusammen mit ner Menge anderer vernachlässigbarer und längst vergessener Bands. Und das meiste Geld steckten sich die Manager und Agenten ein. Irgendwie war das nicht die Magie, die sie sich erträmt hatten. Aber trotzdem machten sie weiter. Eines Tages fing Fred an, Songtexte zu schreiben. Und auch Rick begann zu dichten und zu komponieren. Die Einflüsse: Natürlich die Beatles, die Stones und Neil Diamond. Die ersten Versuche waren noch primitiv. Doch beschlossen die Brüder, das Songwriting zu ihrem Beruf zu machen. Das war 1972.
Immer wieder fuhren sie in den „Music District“ von New York: das berühmte Brill Building und den Broadway. Mit ihrem Traum und dazu mit einer Gitarre und einer Brieftasche versuchten sie die Musikverleger dazu zu bringen, ihnen zu zu hören. Neben zahlreichen Demoproduktionen und der Teilnahme an zahlreichen Seminaren für Songwriter schafften sie es tatsächlich, zwei Lieder bei einem Verlag zu veröffentlichen. Und kurze Zeit waren sie auch nahe an einem Plattenvertrag bei einem Major-Label. „Wir hörten. Wir lernten.“, erinnert sich Pisano. Ständig schickten sie Briefe mit ihren Liedern an die Verlage, an Label, Manager. Und die Ablehnungsbriefe reichten irgendwann aus, um damit das Büro zu tapezieren. „Wir mussten es zu dem Zeitpunkt – wir konnten uns die Tapete nicht leisten.“ Und all das machten sie neben dem „normalen“ Leben mit Jobs, Beziehungen und Studien. Bis es irgendwann reichte.
Doch ganz war die Flamme noch nicht erloschen. Als 2006 in der Independent-Szene auch Bluesmusiker wie Susan Tedeschi oder die Derek Trucks Band bekannt wurden, juckte es Rick Pisano wieder. „Irgendwie ergab alles jetzt einen Sinn für mich“, meint er. Er begann damit, neue Songs zu schreiben. Und dann nahm er Kontakt zu Oak Grove Recording in Malden auf. Der Eigentümer war Joe Laquidara, der für seine Arbeit an Bostons Album-Hit „Walk On“ mit Gold und Platin-Platten ausgezeichnet worden war. Und dann dauerte es noch zwei Jahre, bis „Dawn of a waking man“ fertig war. Und damit hatte Rick Pisano dann zumindest einen Teil des Erfolges, von dem er schon als Teenager geträumt hat. Denn er kam mit der Platte zu Konzerten wie in Dan Ackroyds House of Blues und wurde in Radiosendungen eingeladen. Und im Internet fragen die Käufer seiner Platte, wann denn endlich ein neues Album kommt…