Man sollte mal wieder ins Kino gehen… Wenn Sängerin Petra Haden mit ihrem neuen Album nur diesen Wunsch im Hörer entstehen lassen würde, hätte sie wohl ihr Ziel schon erreicht. „Petra Goes To The Movies“ schließt an Hadens 2005 erschienene Version des Albums „The Who Sell Out“ und liefert 16 Filmmelodien in (fast) reinen a-capella-Interpretationen zwischen Kunst und derbem Spaß.
Großes Kino für die Ohren: Filmmusiken a capella.
In der wundervoll kitschigen Romantic Comedy „The Holiday“ („Liebe braucht keine Ferien“) gibt es eine großartige Szene, die die Verbindung zwischen Filmbildern und der Musik in der Erinnerung auf den Punkt bringt: Jack Black als leicht verliebter Filmkomponist streift durch eine Videothek und singt zu den scheinbar wahllos aus dem Regal gegriffenen Filmen die Musikthemen: Schon sieht man vor dem inneren Auge den Weißen Hai bedrohlich durch die Wellen gleiten oder erinnert sich an Filmbilder mit Dustin Hoffman in der „Reifeprüfung“. Ein Mann – eine Stimme – und schon sind die Bilder dah. Petra Haden (Tochter des genialen Jazz-Bassisten Charlie) hat das Konzept im Studio aufgebohrt: Allein mit ihrer Stimme (in kunstvollen Arrangements) erweckt sie Filme zwischen „Psycho“, „Superman“, „Taxi Driver“ und „The Social Network“ neu vor dem inneren Auge.
Es ist eigentlich unbeschreiblich, wie sie die komplexen Orchesterarrangements zerlegt und allein mit ihrer Stimme neu zusammensetzt und damit dem Original noch ihr eigenes Erleben der Filme beimischt. Und das ist oftmals so intensiv wie die Originalkomposition. Wenn sie etwa den drohend pulsierenden Sound von „Psycho“ singt, dann wird die Duschszene gleich nochmals so bedrohlich: Hier sind keine akademisch-gebildeten Streicher zu hören, sondern lebendige atmende Stimmen. Nein – zum Glück bin ich nicht im Bad, sondern im geschützten Raum vor dem Schreibtisch. Und John Williams „Superman“-Thema bleibt der Glorienschein erhalten – aber gleichzeitig merkt man eben hier die menschliche Liebe zum fliegenden Mann aus Stahl. Und dafür braucht es keine Fanfaren.
Manchmal allerdings reizen die Neuinterpretationen zum Lachen: Da singt sie – ganz die bewundernde Schülerin der großen Shirley – „Goldfinger“ voller Sex und Grandezza. Doch ihre Version der Orchesterbegleitung von John Barry macht klar, wie überdreht diese Heldenschmonzette eigentlich ist.
Nur bei einigen Stücken wird das a capella-Konzept aufgebrochen. Etwa wenn Haden „Calling You“ aus „Out Of Rosenheim“ singt, dann passt zu ihrer sehnsuchtsvollen Stimme wundervoll Brad Mehldaus sanftes Piano. Und Bill Frisell steuert seine Gitarre zu „It Might Be You“, der Liebesschnulze aus „Tootsie“ und „This Is Not America“ („The Falcon and the Snowman“)bei. Und hier spielt dann selbst Papa Charlie mit und lässt seinen Bass singen während Tochter Petra David Bowie stolz machen dürfte.
Faszinierend ist das mindeste, was man zu diesem Album sagen muss. Unterhaltsam ist es ebenfalls, auch irritierend und über weite Strecken traumhaft schön und voller Romantik, wie man sie leider oft nur im Kino noch erleben kann. (Anti-)