Letztens machte ein Blogbeitrag die Runde und es gab einen allgemeinen Konsens von vielen Leuten, von denen es einige wirklich besser wissen sollten, dass es einfach unmöglich sei, als Musiker hier und heute seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Noch frustrierender ist die Erwartung, dass ein Künstler Glück habe, wenn er auf Tour mit plus/minus Null herauskommt, geschweige denn dass er Profit macht.
Solche Berichte lassen talentierte Künstler zu Tagjobs zurückeilen, die sie hassen und zu Tagträumen über wie es wohl sein könnte, wenn nur das Musikgeschäft nicht so ein Rohrkrepierer wäre.  

Ein Beitrag von Sarah Skinner (Red Dirt Skinners)

Vor fünf Jahren fasste ich gemeinsam mit meinem heutigen Ehemann die Entscheidung, es mit aller Kraft zu versuchen, den Lebensunterhalt allein von der Musik zu bestreiten. Inzwischen besitzen wir unser eigenes Haus im Südosten von England und wir haben eine Menge Zeit, uns am Leben zu erfreuen.

Ist das einfach? Ich glaube, wir haben Glück, weil wir beide Musik leben und atmen, aber es war wirklich einfacher, als man denken mag. Für Musik haben wir beide eine tiefe Leidenschaft und deshalb ist sie etwas, über das wir ständig nachdenken. Wir hören eigentlich niemals damit auf … und eigentlich wollen wir das auch nicht.
Was mich am meisten ärgert und was mich letztlich dazu gebracht hat, das hier zu schreiben, ist die Meinung, dass man als Musiker nicht seinen Lebensunterhalt verdienen könne, vor allem nicht auf Tour. Leute von weit oben sagen, das wäre einfach nicht möglich. Wahrscheinlich würde man Verluste machen, und mit sehr viel Glück bekäme man sein Geld grad so wieder raus. Tatsächlich wurden wir letztens in einem Interview mit einem sehr bekannten Musik-Magazin gefragt: Wie finanziert ihr Eure Touren?

Wir sind nur zu zweit, das Meiste, was wir spielen, ist unsere eigene selbst geschriebene Musik. Wir beziehen niemand anderes mit ein, keinen Manager, keinen PR-Agenten, da ist niemand, dem wir Antwort schuldig wären und niemand, den wir bezahlen müssten. Wir haben gelernt, wie wir alles machen müssen. Vom Booking und der Werbung über das Mischen und Aufnehmen unserer eigenen Alben. Tatsächlich arbeiten wir nur mit anderen zusammen, wenn es um die physikalische Herstellung von unseren CDs und T-Shirts geht. Man kann durchaus sagen, dass es uns ziemlich gut geht.

Der Tagesjob ist eine entfernte Erinnerung, wir haben den einen oder anderen Preis auf unserem Weg gewonnen und auch einige großartige Presseberichte und Airplay im Radio. Das hat geholfen, uns nah und fern bekannter zu machen. Offenbar haben wir Wellen in die richtige Richtung geschickt, um das Wissen um unsere Musik zu verbreiten. So finden wir einfacher gut bezahlte Gigs. Aber darum ging es nicht während unseres Experimentes.

Das Experiment

Wir waren so verwirrt von der Bemerkung, dass man auf Tour nicht seinen Unterhalt verdienen könne, dass wir beschlossen, eine zehntägige Tour zu machen, in die wir so viele Gigs wie möglich packen wollten. Wir entschieden uns außerdem, diese Gigs im Norden Schottlands zu buchen, um das Limit höher zu setzen, die Kosten zu erhöhen und so unsere Theorie zu testen. Zusätzlich stellten wir sicher, außerhalb der Saison in eine Touristenregion zu fahren, damit wir keine künstlich aufgeblasenen Besucherzahlen hätten.

Wir nahmen jeden Gig, der uns angeboten wurde. Wirklich … alles. So beluden wir am 20. November unseren Van und fuhren nach Norden.

Der erste Tag brachte uns 80 Pfund bei einem Hauskonzert, wo der Hut herumging. Am zweiten Tag nahmen wir 120 Pfund bei einem Pub-Gig ein. Die Woche ging weiter mit noch mehr schlecht bezahlten Gigs und kleinen Zuhörerzahlen. Das Meiste, was wir bei einem einzelnen Konzert einnahmen, wareb 190 Pfund und die CD-Verkäufe.
Wir absolvierten jeden Gig, als würden wir in einem Stadion spielen. Bei einer Gelegenheit spielten wir für neun Leute und verkauften acht CDs.

Wir suchten Kontakt zu unseren Zuhörern, gewannen Freunde und machten uns, um ehrlich zu sein, auch ein paar Feinde, weil wir standhaft auf den Vereinbarungen beharrten, die wir für jede Bezahlung vorher getroffen hatten. So sehr wir das Auftreten auch lieben, es ist immer noch unser Geschäft und manchmal trifft man auf einen Veranstaltungsort, der auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Besonders wenn man die Tour durch die Pubs macht.

Um zu erfreulicheren Punkten der Tour zu kommen: Wir mussten in der ganzen Zeit kein Hotel buchen. Wir verließen uns auf die Freundlichkeit und Großzügigkeit von Fans und Lokalbesitzers. Und ich glaub, wir haben dabei einige Freunde fürs Leben gefunden.
Viele Läden spendierten uns als Teil des Deals ein Dinner und boten uns ein Zimmer mit Frühstück an. Wir kauften während der ganzen Zeit nur eine Mahlzeit, und das war an unserem freien Tag. Vielleicht hatten wir Glück mit der Freundlichkeit, mit der uns Unterkünfte angeboten wurden. Doch selbst wenn wir jede Nacht für ein billiges Hotel hätten zahlen müssen, wären wir noch immer in der Gewinnzone. Am Ende unserer zehntägigen Tour (bei der wir neun Auftritte absolvierten) hatten wir nach Abzug der Kosten einen Profit von ungefähr 1500 Pfund gemacht.

Für manche ist das vielleicht Kleingeld, aber man sollte im Kopf behalten, dass das ein Experiment war und wir buchstäblich jeden Gig spielten, der uns angeboten wurde (Gast bei einem Open Mic, bei herumgehendem Hut, mies bezahlte Pub-Gigs). Wir landeten in der Gewinnzone, und das war unser Ziel.
Auf jeden Fall kannst Du ebenso hart arbeiten, die Locations gibt es da draußen. Doch mein Ratschlag ist, ein wenig gerissener zu sein. Dann kann man noch weit mehr verdienen.

Als Musiker auf Tour kann man durchaus einen angemessenen Lebensunterhalt verdienen. Schätz Deinen Wert ein, entwickle einen Sinn fürs Geschäft und werde kreativ! Es gibt da draußen großartige Locations, und oft sind es die sich anbietenden Alternativen, die am besten zahlen, die größte Gastfreundschaft für die Künstler haben und bei denen man am meisten verkauft und die meisten Einträge für seine Mailinglisten bekommt.

Man sollte immer um die Ecke denken. So kann das Konzert in der Wohnung eines Fans leicht mehr als 500 Pfund bringen, wenn es gut geplant und vorbereitet ist.
Und man kann von jedem einzelnen Auftritt etwas lernen, selbst wenn es nur das ist, dass du sowas nie wieder machen willst!

Selbst die schlecht bezahlten und schlecht besuchten Gigs können sich auszahlnen mit neu aufgebauten Kontakten und gefundenen Erfahrungen. Wenn also deine Mutter/Partner/Freund Dir erzählen will, du könnest als Musiker nicht überleben, und dann ein paar Leute, die behaupten, sie würden sich auskennnen, ihnen beistimmen, dann beweise ihnen, dass sie sich irren …

Es sei denn, du willst lieber von 9 bis 5 arbeiten und dich das ganze Leben fragen, was wäre wenn …