Soul und Funk für die düsteren Momente des Lebens findet sich jede auf dem neuen Album der Menahan Street Band. „The Crossing“ lädt ein, zu melancholischen Gedankenreisen durch dunkle Großstädte und verlassene Prairien.

Es war eine Musik für den Aufbruch in eine neue Zeit, die Anfang des Jahrhunderts in Brooklyn aufgenommen wurde. Bands wie die Dapkings oder die Budos Band spielten den klassischen Soul und Funk. Und Sängerinnen wie Sharon Jones oder Charles Bradley machten deutlich: Soul in der ganz klassischen Art und Weise ist so aktuell wie damals, wenn man die richtigen Sänger und die richtigen Songs hat. Man könnte versucht sein zu behaupten: Daptone Records und die dort zusammen arbeitenden Künstler schufen den Soundtrack für die von großen Hoffnungen geprägte erste Amtszeit von Barack Obama. „Made The Road By Walkin“ passte da so perfekt hinein, dass Jay-Z einen Song gleich per Sampling vereinnahmen musste. Die Menahem Street Band konnte die Tantiemen gut gebrauchen und baute ein eigenes Studio, aus dem jetzt „The Crossing“ hervorkam.

Und das ist von der ersten Note an ein betörend melancholisches Werk. Hier ist nicht mehr der Funk als Aufruf zum Engagement oder zum Aufruhr zu hören, wie er noch Anfang der 70er war. Und auch wenn ab und zu Anklänge an die Blaxpoitation-Soundtracks anklingen sollten: Hier ist nicht das machohaft vor sich hergetragene Selbstbewusstsein zu hören sondern einfach Ernüchterung, der Klang von nicht in Erfüllung gegangenen Hoffnungen. Musikalisch ist das natürlich noch instrumentale Soul- und Funkmusik auf allerhöchstem Niveau. Die Stücke regen in ihrem ruhigen Fluss oft cineastische Assoziationen beim Hörer an: Da tauchen Landschaften aus alten Spagghetti-Western vor dem Auge auf oder alte Schwarz-Weißfilme aus der Frühzeit des Kinos.

Man könnte jetzt natürlich fragen: Wird in all der Melancholie auch der Überdruss an dem zu Ende gegangenen Wahlkampf und dem politischen Stillstand in den USA in den letzten beiden Jahren hörbar? Aber es bringt meiner Meinung nach wesentlich mehr, „The Crossing“ ganz ohne diese Assoziationen zu genießen, den dichten Bläserharmonien zu lauschen und sich von den Grooves der besten Funkmusiker Brooklyns in leichte Bewegungen versetzen zu lassen. Das ist Instrumentalmusik, die auch und gerade im neblig nassen Herbst eine Menge Trost bieten kann.

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