32° Celsius – das richtige Wetter, um zum Tagesausklang am Freitag am Stuttgarter Schlossplatz ein fantastisches Konzert zu besuchen. Noch dazu, wenn man für das Eintrittsgeld 3 Musiker und Bands so unterschiedlicher Couleur sehen kann. Es traten auf:

  • Die James Hunter Six mit einer tollen Mischung aus R&B, Soul und einer Stimme, die zwischen Sam Cooke und Billy Branch zu suchen ist
  • Sheila E., bekannt aus den 80er Jahren, als sie mit Prince zusammenarbeitete. Sie brachte südamerikanische Klänge mit und spielte als hervorragende Percussionistin an den Timbales und an ihrem eigenen Drumset neben dem eigentlichen Schlagzeuger ihrer Band.
  • Keb‘Mo und Band: Er ist mehrfacher Grammygewinner und Grenzentänzer zwischen Blues, Country und Soul. Mit ihm veröffentlicht die „Wasser-Prawda“ noch ein exklusives Interview.  

Text: Mario Bollinger, Fotos: Christophe Rascle

Aber zu erst zu James Hunter. Er hatte die etwas undankbare Aufgabe, bei 32° Temperatur und 100% Sonnenschein auf der Bühne das ca. halbgefüllte Auditorium aus dem Hitzeschock zu holen. Für normalerweise lichtempfindliche Briten kein leichter Job. James Hunter begeisterte sofort, weil die Mischung auf seiner rauhen, brüchigen Stimme, den 2 Saxophonisten und einer jazz back line aus Kontrabassist und Drummer und seiner toll gespielten gelben Gibson Les Paul das Publikum sofort in seinen Bann zog. Er spielte Songs aus seiner neuen CD „Minute by Minute“, parlierte bestens gelaunt mit dem Publikum, um seine Songs anzukündigen oder zu erläutern oder auch nur, um mit seinen Mitmusikern zu spaßen, die da sind: Jason Wilson Kontrabass, Jonathan Lee Drums und Lee Badau bzw. Damian Hand Saxophon.

Nach der ersten Nummer folgt auch gleich der Song „Chicken Switch“ und einem romantischen Song, den er leicht abgewandelt von Alain Toussaint „geklaut“ hat und der eigentlich „Fortune Teller“ heißt. Bei Hunter ist er zu „A Gypsy“ mutiert. James Hunter singt nicht nur begnadet, sondern hat auch coole Gitarrentricks drauf. Urplötzlich sinkt er bei einem leisen Stück zu Boden und reißt das Publikum mit einem Chuck Berry ähnlichen duck walk samt enthusiastischem Solo aus dem Dusel.

Nach seinem Auftritt konnten wir mit dem total erhitzen James Hunter am Merchandize-Stand noch ein paar Worte wechseln. Trotz der gnadenlosen Temperatur auf der Bühne stand er zur Verfügung, um CDs zu signieren, sich mit Fan fotografieren zu lassen oder eben exklusiv mit der Wasser-Prawda ein paar Worte zu wechseln. Leider ist er nur für das eine Konzert in Deutschland und reiste danach gleich wieder zurück ins Vereinte Königreich. Der sechste Musiker der James Hunter Six sei leider nicht mitgekommen. Eigentlich wäre es besser gewesen, wenn statt seiner der fehlende Keyboarder nach Stuttgart gekommen wäre, meinte Hunter. Und das war wieder einer seiner selbstironischen Witze, mit denen er schon auf der Bühne trotz seines fast unverständlichen englischen Slangs für Begeisterung gesorgt hatte.

Nach einer Umbaupause stand Sheila E. mit ihrer Band auf der Bühne. Sheila E. machte in den 80ern von sich reden, als sie mit Prince Aufnahmen einspielte und ihn jahrelang als Musikerin begleitete. Sie singt und spielt Percussion, Drums und auch Bass. Mit ihrer Band ändert sich der Sound hin zu südamerikanischen Rhythmen und Sounds. Ihre energisch gespielten Timbales bringen kubanisches Feeling und Groove auf den Schlossplatz. In ihrer Band findet man Sänger, Saxspieler, Bass, Keyboard und Gitarristen. Sie lässt es sich natürlich nicht nehmen, auch gelegentlich hinter ihr eigenes Drumset zu klettern und ihren Drummer zu unterstützen.

Und dann wird die Bühne für ihn vorbereitet – den Denzel Washington des Blues! Keb‘Mo‘ ist eín großer und schlanker Musiker und schaut verdammt gut aus für seine 63 Jahre. Den Musikern unter den Lesern sei gesagt: Keb‘Mo‘ kam mit 4 Gitarren auf die Bühne und zwar dem Prototyp einer Electroresonator von Düsenberg, einer schwarze Halbresonanzgitarre von Gretsch, einer Akustikgitarrre von Gibson und einer National Resorocket. Das Percussion Set von Sheila E. ließ die Vermutung zu, dass wir sie noch mal mit Keb‘Mo‘ sehen werden. Und tatsächlich kommt Sheila E. bei „The Itch“ auf die Bühne und verleiht dem Song karibisches Feeling. Der Song samt Drumsolo gefolgt von Keb‘Mo‘s Gitarrensolo war unheimlich spannend – im Gegensatz zu den meisten anderen Nummern des Abends.

„Perpertual blues machine“ wirkt als 4. Nummer bissel schlapp, da sich die Begleitband (bestehend auf Bass, Keyboard und Drums) auf einen Minimalsound geeint hat, das Drum sich auf 2 und 4 einschoss und die Orgel wirklich nur einen einfachen und schweren Soundteppich ausgelegt hat. Nur die wechselnden Gitarren und Sounds von Keb‘ Mo‘ rissen die Sache heraus. Mein Lieblingssong von „BluesAmericana“ ist „The worst is yet to come“, aber auch der reiht sich in die etwas langweilig begleiteten Songs, wo dann ein gutes Gitarrensolo von Keb‘mo‘ Boden gutmacht, während die Orgel weiter undifferenziert vor sich hinröhrt.

Als beim Gitarrenwechsel kein Gurt an der Gitarre zu finden war, schaute Keb‘ Mo‘ für einen kurzen Augenblick etwas verwirrt und setzte sich dann einfach auf den Bühnenboden und spielte „Shave yo legs“ locker vom Boden. Leider plätschern die Nummern auch weiterhin konturlos dahin, während nur die Gitarrensolos für Abwechslung sorgen. Selbst der laute Aufruf an Michael Hicks am Keyboard kam nur verzögert beim ihm an, um ihn für eine Solo aus der Lethargie zu reißen.

Insgesamt hat mich der Auftritt von Keb‘Mo und Band trotz meiner Neugierde nicht begeistert. Zu einfach sind die Songs auf der Bühne instrumentiert, um die glatt und sauber produzierten CD-Nummern spannend auf die Bühne zu bringen. Einwandfrei bleibt aber der gesangliche Teil und das abwechslungsreiche Gitarrenspiel von Keb‘Mo‘ selbst.