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Update: Die Finanzprobleme von Jamendo sieht der Chefredakteur des Branchenblatts MusikWoche Manfred Gillig-Degrave als Argument für die von Frankreich angestrebte „Google-Steuer“. 

In dem am 15. Januar verbreiteten Artikel verweist er auf die enttäuschenden Einnahmen von gerade mal 40.000 Euro in den letzten sieben Jahren, die direkt von den Usern der Community an die Künstler geflossen seien. Daraus lasse sich folgern, dass freie Lizenzen nur für diejenigen Nutzer eine feine Sache sind, die für Kreativität nichts löhnen wollen.

Auch wenn es gut ist, dass sich jetzt ein der Musikindustrie nahestehendes Blatt dem Problemen der Community widmet, muss man hier doch paar Anmerkungen machen: Jamendo ist keine französische Plattform sondern hat ihren Sitz in Luxemburg. Und man darf nicht allein die direkten Zahlungsmöglichkeiten der User zum Maßstab nehmen für die Einnahmesituation. Wichtiger ist hier allemal der Pro-Bereich mit der Vermittlung kommerzieller Lizenzen durch Jamendo. Und hier sieht das schon ganz anders aus (siehe unten).

Jamendo, eine Community mit freier unter Creative Commons Lizenzen veröffentlichter Musik, steht vor dem finanziellen Aus. Die über Twitter in der Szene recht schnell verbreiteten Gerüchte wurden mittlerweile von der Führung des in Luxemburg ansässigen Unternehmens bestätigt. Demnäch geht Jamendo nach dem Scheitern einer Kapitalerhöhung das Geld aus. Insgesamt hatte man 1,5 Millionen Euro aufnehmen wollen. Doch es kam zu keiner Einigung mit dem bisherigen Kapitalgeber Mangrove Capital Partners und einem potentiellen neuen Investor.

In den letzten 18 Monaten hatte Jamendo fieberhaft daran gearbeitet, eine in dieser Art einzigartige Infrastruktur für die Promotion und die Vermarktung von freier Musik zu schaffen. Mittlerweile stehen im Katalog der Community mehr als 200.000 Titel von Musikern aus aller Welt zum kostenlosen Download zur Verfügung. Weltweit giebt es 700000 registrierte Mitglieder. Doch die technische Infrastruktur der Seite ist damit an ihre Grenzen gestoßen.

Und die kommerziellen Angebote etwa für Gaststätten und Firmen zur Beschallung mit GEMA-freier Musik sind noch im Aufbau begriffen. Im März 2009 startete der Online-Shop, wo Lizenzen für Filme, Fernsehen, Webseiten oder ähnlicher Multimedia-Projekte erworben werden können. Künstler, die bei Jamendo ihre Arbeiten veröffentlichen, überlassen Jamendo 50 Prozent der Tantiemen und erlauben den Nutzern eine unbeschränkte Verwendung ihrer Arbeiten. Damit verfolgt Jamendo eine Politik, die bei Vertrieben von Gebrauchsmusik oder Sound-Effekten weltweit einzigartig ist. Nach Firmenangaben wurden bislang 2300 zahlennde Kunden gewonnen und damit 2009 300000 Euro eingenommen. Jetzt sucht die Firma gemeinsam mit dem Mehrheitseigner Mangrove Capital Partners einen Käufer, will aber noch keine konkreten Namen nennen.

Musiker und Fans der Seite haben mittlerweile verschiedene Projekte gestartet, um Jamendo zu erhalten. So wird gegenwärtig eine Online-Petition in den Hauptsprachen der Community vorbereitet.

 

Wir, die Gemeinschaft der Musiker und Hörer bei Jamendo, legen grossen Wert darauf, dass Jamendo als Ort der kostenlosen Verteilung rechtefreier Musik erhalten bleibt. Wir lieben diese Website und hoffen, dass ein Weg gefunden wird, um sie zu erhalten.

Ein von Freiwilligen geführter Blog fasst die Diskussionen und Kommentare der ratlosen Musiker zusammen. Und auch bei Facebook wurde eine Save Jamendo!-Gruppe eingerichtet, die schon mehr als 100 Mitglieder hat. Denn es sind ja nicht nur die Musiker, die ihren Weg zur Verbreitung ihrer Musik bedroht sehen. Auch die Fans, die in zahllosen Rezensionen immer neue Alben besprechen und in ihrem Freundeskreis bekannt machen, sehen einen Platz bedroht, wo man ohne primäre finanzielle Interessen Musik aus allen Genres hören und sich darüber austauschen kann.