Ulrichshusen. Der erste Ton erklang von der Mitte der Konzertscheune. Das eingestimmte Orchester wie der Dirigent standen bereit. Mit bestimmt langsamen Schritten ging William Barton sein Didgeridoo blasend durch den Gang in Richtung Podium, nahm ohne das Spiel zu unterbrechen Platz und nutzte dieses Solo als Einstimmung auf Peter Sculthorpes „Earth Cry“.

Die diesjährige Europatournee des Australian Youth Orchestra (AYO) führte am am 11. August zu den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern. Die 107 jungen Spitzenmusiker verblüfften unter Christoph Eschenbach.

Ein Versprechen löste dieser Auftakt ein: Nach dem fantastischen Gastspiel von Sol Gabetta und dem Amsterdam Sinfonietta unter der Leitung von Candida Thompson mit Peteris Vasks Cellokonzert Anfang Juli sollte dieser Sonntag in Ulrichshusen wieder mit Unerhörtem verblüffen. Das Australian Youth Orchester, die Solisten William Barton und Joshua Bell wie Christoph Eschenbach sorgten als Garanten dafür. Auch der aus Tasmanien stammende Komponist Peter Sculthorpe zählte dazu. In Australien zählt der 1929 Geborene mit zu den 100 lebenden Kleinoden des Kontinents. Sein 1986 entstandenes „Earth Cry“ ist eine Rückbesinnung auf die Vielfalt und Wurzeln der Kultur des Landes. Das viersätzige Werk ist eine vorwärtsdrängende Mischung aus ritueller Musik, flehenden Momenten und einem packenden, erst in der Coda zusammen kommenden Spiel von Didgeridoo und Orchester.
 
Für das anschließende Violinkonzert in D-Dur op. 35 von Peter I. Tschaikowskys erwies sich Joshua Bell als fraglos ausgezeichneter Solist. Bis zum letzten Takt kostete der Grammygewinner seine nuancenreich ausgestrichene wie feinsinnig durchdachte Partie aus. Spontan wurde er von Teilen der Versammelten bereits nach dem Allegro moderato verdient mit Bravorufen und einem kurz aufflammenden Beifall bedacht.
 
Mit Igor Strawinskys „Le sacre du printemps“ reihten sich das AYO und Christoph Eschenbach in den diesjährigen Jubiläumsreigen der Pariser Uraufführung vor 100 Jahren des Meisterwerks des klassischen Moderne ein. Mit packender Energie, Leidenschaft und angemessener Lyrik brachten sie die Bilder aus dem heidnischen Rußland in zwei Teilen zu Gehör. Keinen Skandal erregten, sondern unumwundene Zustimmung fanden sie.
 
BU: Der Violinist Joshua Bell, das Australian Youth Orchestra und Christoph Eschenbach gaben am vergangenen Sonntag ein eindrucksvolles Gastspiel bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern in Ulrichshusen. Foto: Uwe Roßner
 
BU 2: Glänzende Hoffnungsträger: Das Australian Youth Orchestra begeisterte am Sonntag beim Konzert der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern in Ulrichshusen. Foto: Uwe Roßner