Aus dem Thüringer Wald wurde auf der Bühne ein Gitarrenwald (O-Ton: Stephan Bormann) – Ibanez-E-Gitarre, Konzertgitarren verschiedenster Korpus- und Saitenformen, Tweed bezogene Duncan-Verstärker, eine kleine Effekt-Treter-Sammlung, zwei Stühle … Hands on Strings sind die Gitarristen Thomas Fellow und Stephan Bormann. Gast bei ihrer „Prometheus Tour“ war der Mandolinespieler und Sänger Mike Marshall. 

1. Februar: Hands on Strings im Jazzclub Eisenach

Am Anfang des gut besuchten Konzertabends stand das Titelstück der Tour der beiden Gitarristen. Stephan Bormann vermochte in launigen Ansagen die Schwierigkeit des Findens von Titelbezeichnungen von Musikstücken zu erklären. So erfuhr das Publikum, dass das Titelstück nicht durch jahrelanges Studium der griechischen Mythologie seinen Namen erhalten habe, sondern einfach ein Katastrophenfilm im Kino den Titel entstehen ließ. Sei es durch die Einführung zum Thema Film (stellenweise lang, aber eben auch kurzweilig) oder der Wiedererkennungswert einzelner Töne – ein 3-Tonzitat kam mir in den Sinn Lalo Shiffrins Mission Impossible-Thema). Das mehrfache Intonieren des Themas des Stückes, abwechselnd oder unisono gemeinsam gespielt, gefolgt von intensiven Soloparts mit enormer Dynamik entzückte dies gleich am Anfang das Publikum.

Der Titel „Offroad“ aus einem der vorhergehenden Programme führte er mit den Worten ein, die Musiker und ihr Gast seien auf den Spuren Bach´s in Eisenach gewandelt und sie hätten auch die waldreiche Umgebung entdeckt. So passte es gut, sich das Wandeln auf waldreichen, steinigen Pfaden vorzustellen.

Die Kino- und Filmbegeisterung steigerte sich dann auch im Stück Chewbaka (der geneigte Leser vermag sofort die passende Filmtrilogie auf der Leinwand zu sehen). Thomas Fellow erzeugte mit Hilfe gekonnt eingesetzter Effekte vom „R2D2“-Pedalboard mit der Ibanez-Gitarre sphärische Klänge. Das Thema hatte fast etwas von einem Kinderlied, das in einem Turnaround mit Chorus- und … effekten gipfelte, bis dann Bormann mit der Konzertgitarre das Thema aufnahm und in dem heiteren Turnaround Fellow wieder übernahm und Bormann das Thema vocal unterstützte …
So vergingen die ersten 20 Minuten wie im Flug und einer guten Konzertdramaturgie folgend, spielten die beiden ein wünderschön besinnliches Stück und die Zuhörer hatten somit Gelegenheit zu entspannen, Luft zu holen.

Die virtuose Kraft der beiden Gitarristen zeigte sich auch im nächsten Stück. Hier erzeugte bei mir die Ansage mit der Erklärung der Rhythmus- und Taktbesonderheiten (in einem geradlinigem Leben muss man auch mal ungerade Taktarten nutzen) eine Vorfreude, die sich dann nicht bestätigt fand, wenngleich das Stück einen enormen Fuss-Wipp-Charakter hatte. Zum Ende des Sets gab es zwei Stücke, die die Zuhörer in der Alten Mälzerei besonders mit einbezogen. Zunächst einmal „Erkennen Sie die Melodie“ mit einer Adaption des Popsongs „Somebody That I Used To Know“ von Gotye und als letztes (auch hier wieder einer perfekten Dramaturgie folgend) eine Komposition mit dem Namen „Loco“, bei der die Besucher aktiv mit einbezogen wurden. Im 4/4 Takt den Männern die ersten drei Taktzeiten zum Klatschen und den Frauen im Publikum die 4 in Achteln … (O-Ton Bormann: zwei Schwierigkeitsgrade ein leichter für die Frauen und einen sehr leichten für die Männer) Die Musiker auf der Bühne konnten sich über ein rhythmus-sicheres Publikum freuen.

Das zweite Set stellte den grandiosen Gast Mike Marshall an der Mandoline in den Mittelpunkt. Die drei Musiker verstanden sich musikalisch blind auf der Bühne, wenngleich ihr Minenspiel in besonderem Maße diese Verbindung deutlich machte. Ein Pophit, Conga von Gloria Estefan bildete den rhythmisch virtuosen Anfang des Sets.
Bei The Gator Strut spielte Mike Marshall ein Mandoloncello, das eine warme Basstonalität erzeugte und somit den Rhythmuscharakter des Stückes pointierte und die beiden Gitarristen ein wahres Solistenfeuerwerk abfeuern konnten.

Mike Marshall war ganz beseelt vom Spirit der Stadt Eisenach mit seinem großen Sohn – Johann Sebastian Bach – und Mike Marshall vermochte diese Begeisterung in sein Spiel mit einzubeziehen. In einem Solo-Stück begann er mit einem Zitat Bach´scher Barockmusik, um dann mit Bluegrass-Elementen in einem organischen Übergang fortzufahren. Im Gesangspart des Stückes lebte die Roots-Music Tradition auf, um dann wieder in einer Phrase klassischer Tonalität zu enden.

Nach zwei weiteren Stücken zum Ende des Sets ging in der von begeistertem Applaus geforderten Zugabe so richtig die Post: I´m sittin´on top of the world – der beliebte Bluesklassiker erhielt in dieser Instrumentierung ein ganz eigenes Gepräge. Auch in diesem Stück gefiel die Stimme von Mike Marshall mit rauchig warmem Timbre. Ein letztes Stück gab den drei Musikern noch einmal Gelegenheit, ihre virtuose Expressivität ausspielen zu können. Mit ihren Instrumenten in der Hand und weiter spielend verließen sie unter Beifall die Bühne.

Wie lässt sich diese Gitarrenmusik von Hands on strings schubladisieren? Ist das Jazz, weil es im Jazzclub stattfand, war es Klassik, weil aus der klassischen Gitarrenschule kommend die Virtuosität im Vordergrund steht? Ist es vielleicht doch auch PopMusik, weil es Freude macht populäre Themen zu adaptieren? Bei dieser Musik wird klar, dass es nicht um die vermarktungsgerechte Kategorisierung von Musik geht, sondern der Musiker mit seinem Instrument die stilistische Diversität bestimmt. Auch wird deutlich, dass von bestimmten Künstlern Hörgewohnheiten geprägt wurden, und der Schreiber und ein weiterer Zuhörer sofort Assoziationen zu Al di Meola, Pacco di Lucia und John McLaughlins Friday Night in San Francisco hatten.