Welche Erinnerungen an die Wendezeit kommen einem nach 20 Jahren in den Sinn? Welche Bücher, Filme oder Platten gehören dazu – und welche kleinen und großen Erlebnisse.
Sie waren schon wenige Stunden nach Schabowskis legendärer Pressekonferenz am 9. November 1989 im Straßenhandel erhältlich: kleinere oder größere Betonsplitter, im Idealfall noch mit Farbresten versehen. In einer Gemeinschaftsaktion machten sich Menschen mit Hämmern und anderen Werkzeugen daran, die Berliner Mauer zu zerlegen. Später wurden große Teile verkauft oder verschenkt. Und heute ist selbst die legendäre Eastside Gallery vom Verfall bedroht und mit ihr der letzte Rest des „antifaschistischen Schutzwalls“.
Ähnlich geht es mit den „echten“ und von keinen Ostalgieshows oder second-hand-Berichten geprägten Erinnerungen an die Wendezeit. Sie verschwinden nach zwanzig Jahren in der allgemeinen Vergessenheit oder werden überlagert von den Bekenntnissen der Spät- oder Nachgeborenen. Alte Tagebücher sind bei den diversen Umzügen irgendwann mal verloren gegangen. Oder gar bewußt in den Container gewandert – was soll meine Erinnerung schon wert sein? Aber genau darum geht es heute: Welche Erinnerungen haben wir wirklich an die Zeit Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre?
Als Mauersplitter will die Wasser-Prawda ab sofort solche Erinnerungen sammeln und veröffentlichen. Nicht nur Erinnerungen sondern auch Rezensionen über damals wichtige Filme oder Musik, über die vielgepriesenen „Romane zur Wende“ oder auch über die vergessenen Untergrund-Lyriker der Vorstadt. Das ist ein Projekt, das natürlich auf die Mitwirkung möglichst vieler Leser angewiesen ist. Denn jeder hat andere Erfahrungen gemacht, jeder Splitter bringt Reste eines anderen Bildabschnittes. Ziel ist es, ein Mosaik zusammen zu stellen, das mehr ist, als die allgegenwärtigen Allgemeinplätze, das ewig zitierte „Wahnsinn“, den Geruch von wiederbelebten Trabantmotoren oder die Langeweile der zahllosen Ostrocksampler.
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