Jazz- und Bluespianisten hatten schon seit Fats Waller immer eine Vorliebe für die Orgel. Allerdings brauchte es erst die von Hammond patentierte elektroakustische Orgel, um dieses Kircheninstrument wirklich zum Swingen bringen zu können. Heutzutage denkt man bei der Hammond-Orgel allerdings – zumindest in europäischen Breiten – weniger an den Sonntagsgottesdienst sondern eher an Blues, Rock oder Jazz. Die Jahrzehnte seit der Popularisierung der B3 durch Jimmy Smith und andere Musiker haben hier die Hörerwartungen – und auch die Spielweise – deutlich verändert.
Das ändert Cory Henry allerdings gründlich mit „The Revival“. Der Livemitschnitt des Keyboarders ist im doppelten Wortsinn ein „Revival“: einerseits eine Erweckungsveranstaltung für Christen und solche die es werden sollen, andererseits eine Neubelebumg einer zutiefst altertümlich anmutenden Spielweise der Orgel ganz aus dem Geist des Gospel. Vom „Lord’s Prayer“ über „Precious Lord“ bis hin zum „Old Rugged Cross“ (mit großartigem Gesang von Jeffrey White) ist das ein einziger Gottesdienst, der auch immer wieder die Zuhörer zum Mitwirken einlädt.

Erst mit der Zeit ändert sich das Programm und Henry fügt Stücke von seinen Lieblingsorganisten aus Jazz und Pop ein. So hören wir Coltranes „Giant Steps“ ebenso wie „Yesterday“ von den Beatles oder Stevie Wonders „All In Love Is Fair“. Gerade bei Coltranes Stück merkt man besonders deutlich, wie wichtig Henry immer die spirituelle Tiefe der Musik ist. Fern jeglicher Effekthascherei und der oberflächlichen Zurschaustellung von bloßer Virtuosität lässt er das Stück sich entwickeln und erreicht damit die Herzen der Hörer ebenso wie mit den „klassischen“ Gospelnummern. Und „Yesterday“ spielt Henry im ständigen Wechsel zwischen Jazz und Improvisationen barocker Orgelmusik und romantischen Komponisten. Hier ist keine Spur mehr von dem Jazzsound, den Jimmy Smith in den 50er Jahren beinahe zum Standard für die Orgel erhoben hatte.

„The Revival“ ist ein zutiefst spirituelles Jazzalbum und gleichzeitig die Demonstration dessen, wozu die klassische Hammond-Orgel im Jazz heute in der Lage ist. Unbedingt empfehlenswert!