Im Rahmen der Greifswalder Kulturnacht zeigt die „Wirkstatt“ am 14. September (21 Uhr) den Kurzfilm „Monolog für einen Taxifahrer“ aus dem Jahre 1962. Der Streifen von Regisseur Günter Stahnke ist Teil der Veranstaltungsreihe zur Geschichte der DEFA zwischen Kunst und Propaganda.
Heiligabend. DDR. Ein Taxifahrer bringt eine junge alleinstehende Frau zur Entbindung in ein Berliner Krankenhaus. Anschließend macht er sich, obwohl er sich nichts sehnlicher als einen ruhigen Feierabend wünscht, auf die Suche nach dem Vater des Kindes. Eine folgenreiche Odyssee durch das nächtliche Berlin beginnt …
Mit seiner 1962 für das Fernsehen der DDR realisierten modernen Weihnachtsgeschichte schuf Regisseur Günter Stahnke gemeinsam mit Schriftsteller und Drehbuchautor Günter Kunert einen ausdrucksstarken gesellschaftskritischen Film über das „Fremdwerden im eigenen Land“. Wegen seiner „modernistische[n] Tendenzen“ sowie seiner angeblichen Verzerrung des sozialistischen Gesellschaftsbildes wurde der nur 36-minütige Film bereits vor der für den 23. Dezember 1962 geplanten Erstausstrahlung verboten, verschwand auf lange Zeit im TV-Giftschrank in Berlin Adlershof und gelangte erst knapp 30 Jahre später, am 26. April 1990, zu seiner Uraufführung im Deutschen Fernsehfunk. Heute ist dieser Film mit seinen dunklen, expressiven Bildern weit mehr als nur ein herausragendes Dokument seiner Zeit: 50 Jahre nach seiner Entstehung wirft der mit Fred Düren in der Titelrolle hochkarätig besetzte Kurzfilm „Monolog für einen Taxifahrer“ auch ein erhellendes Licht auf die gegenwärtige Entfremdung der Menschen untereinander sowie auf deren Selbstentfremdung.
Regisseur GÜNTER STAHNKE (*1928) gehört zu jenen DDR-Filmschaffenden, deren Lebenslauf und künstlerische Entwicklung durch massive Eingriffe der Verantwortlichen von Staat und Partei beeinflusst wird. Anfang der 1960er Jahre entstehen in Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller und Drehbuchautor GÜNTER KUNERT (*1929) mehrere gemeinsame Filme, von denen „Fetzers Flucht“ (1962) und „Monolog für einen Taxifahrer“ (1962) durch ihre eigenwillige und experimentelle Gestaltung den Unmut der staatlichen Verantwortlichen erregen. Während „Fetzers Flucht“ anlässlich des 10. Gründungsjubiläums des Deutschen Fernsehfunks noch gesendet werden darf, führt der sich daraufhin anschließende und anschwellende „Dekadenz“- und „Formalismus“-Vorwurf dazu, dass die Ausstrahlung des Fernsehfilms „Monolog für einen Taxifahrer“ verboten wird. Stahnkes darauffolgender Kinofilm, „Der Frühling braucht Zeit“ (1965), der ihm eigentlich als Gelegenheit zur Wiedergutmachung seiner inhaltlichen wie formellen „Verfehlungen“ aufgetragen wird, sorgt erneut für heftige Diskussionen. Der Film kommt zwar noch in die Kinos, wird aber kurze Zeit später vom 11. Plenum des Zentralkomitees der SED verboten. Im Anschluss daran kann Stahnke keinen Kinofilm mehr realisieren und wendet sich hauptsächlich der Fernsehregie heiterer Unterhaltungsstücke zu. In diesem Bereich entstehen mehr als 100 Produktionen, so u. a. „Florentiner 73“ (1972) sowie „Maxe Baumann aus Berlin“ (1987).
Schauspieler FRED DÜREN (*1928), der in der Titelrolle des Kurzfilms „Monolog für einen Taxifahrer“ zu sehen ist, erhält seine Ausbildung in Berlin und spielt seine ersten Rollen u. a. am Landestheater Brandenburg und am Staatstheater Schwerin. Von 1953 bis 1958 ist Düren am Berliner Ensemble engagiert, wo er zu einem der wichtigsten Protagonisten aufsteigt und mit Regisseuren wie Bertolt Brecht, Erich Engel, Benno Besson, Peter Palitzsch und Manfred Wekwerth zusammenarbeitet. 1958 wechselte er an das Deutsche Theater Berlin, wo er große Erfolge feiert – wieder in Zusammenarbeit mit Besson (Titelrolle u. a. in Molières „Tartuffe“, 1963), aber auch mit Wolfgang Heinz (Titelrolle in Goethes „Faust“, Co-Regie: Adolf Dresen, 1968) und Wolfgang Langhoff (Shylock in Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig, 1985). Ab Mitte der 1950er Jahre arbeitet Düren auch als Schauspieler für Film und Fernsehen und verkörpert u. a. Borkhausen in der dreiteiligen Fallada-Verfilmung „Jeder stirbt für sich allein“ (1969/1970) sowie den Bildhauer Ernst Barlach in der DEFA-Produktion „Der verlorene Engel“ (1966/1971). In den 1980er Jahren gibt Düren, der große Charakterdarsteller, seinen Austritt aus der SED bekannt, verabschiedet sich vom Schauspielberuf und verlässt die DDR. Heute lebt Düren in Israel, wo er als Rabbiner tätig ist.