Hunter Davies – Die Beatles. Die einzige autorisierte Biografie

Hannibal
4. Auflage Juli 2011, 488 Seiten
ISBN 978-3-85445-089-4
19.99 EUR

Über die Beatles ein Buch zu schreiben ist heutzutage nicht mehr sonderlich originell, da die Band mittlerweile  Schulstoff und Forschungsgebiet an diversen Hochschulen geworden ist. Allerdings ist die Vielzahl der zur Gesamtgeschichte der Beatles oder zu einzelnen Aspekten von Biografie oder Musik erschienenen Titel oft nicht wirklich fundiert. Da schreiben die Autoren schamlos voneinander ab oder es werden kleinste Neuentdeckungen von Quellen oder ähnlichen Fundstücken zu Sensationen aufgebauscht, die sie nicht sind.

„Die Beatles“ von Hunter Davies macht da eine gewaltige Ausnahme. Denn es ist die einzige autorisierte Biografie, die es über das Quartett gibt. Der Journalist von der Sunday Times hatte zur Hochzeit der Beatles die Chance, mit den Musikern selbst, ihren Eltern und auch anderen Menschen aus dem Umfeld der Band zu sprechen. Außerdem war er bei zahlreichen Sessions im Studio dabei und hat über die Jahre einen Fundus an Quellen wie Liedtexten, Fotos und ähnlichem zusammengetragen, die die Biografie ergänzen. Erstmals erschien das Buch 1968 als sich die Auflösung der Band schon langsam abzeichnete. Zweimal hat er seither den Text um Nach- und Vorworte ergänzt, die eigentlichen Kapitel des Werkes aber unangetastet gelassen. Und so ist das Buch noch heute wie ein Zeitfenster in die 60er Jahre:

Das Entstehen der Beatles aus der Skiffle-Bewegung im britischen Nachkriegsleben wird ebenso geschildert wie die ersten Engagements in Hamburg und die Herausbildung der endgültigen Bandbesetzung. Gerade die Frühzeit der Beatles bis zum Ausbruch der weltweiten Beatlemania sind äußerst lebendig geschildert. Ebenso auch die Arbeit des Songwritergespanns Lennon/McCartney. Etwas gröber und längst nicht so akribisch kommen dann die Jahre nach dem Abbruch der Tourneen zu Wort. Aber auch da finden sich Texte, die einen das Phänomen der Band erhellen: Da werden Besuche bei den vier Musikern zur Zeit nach dem Sgt. Pepper Album geschildert, schlaglichthaft wird das Entstehen einzelner Songs bei den Sessions beleuchtet. Und in den Gesprächen mit den vieren und ihren Frauen wird klar, dass die Magie bei den Vieren – sieht man mal von Paul ab – am Erlöschen ist. Das Ende ist offen. Es war schließlich erst 1968.

Bei der ersten Überarbeitung des Buches 1985 schildert Davies das Ende der Geschichte, wie er es erlebt hat. Pauls Prozesse gegen die Band, John trifft Yoko, George will nicht mehr – und Ringo hat eigentlich keine Lust mehr auf die Musik. Wieder hat er mit den damals noch lebenden Musikern gesprochen und zeichnet auch den Weg des Solokarrieren flüchtig nach.

Als er 2002 wiederum eine Neuauflage herausbrachte, stand er ziemlich fassungslos vor der andauernden Faszination der Beatles. Nicht nur die „Anthology“ als Alben und Filme, auch zahlreiche Museen und Konferenzen in aller Welt machen klar: Die Beatles sind heute noch immer eine der wichtigsten Bands der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts. In seinem ausführlichen Vorwort macht Davies deutlich, wie er damals in den 60ern sein Buch erarbeitet hat und welche Themen aus Rücksicht auf die Protagonisten oder ihre Familien aus dem Buch gestrichen werden mussten. Und so ist das Werk heute eben mehr als eine von den Hauptpersonen geschönte „autorisierte Biografie“.

Was dem Fan oder Musikologen fehlt sind allerdings ausführliche Darstellungen zur Entstehung der großen Alben der klassischen Periode der Beatles oder auch Begegnungen mit anderen Musikern wie etwa den Stones oder die wechselseitigen Beeinflussungen zwischen Dylan und den Beatles. Doch dazu gibt es mittlerweile genügend andere Bücher, die man zur Ergänzung heranziehen kann.