WP-Rezension-MusikFür die Jazzfans war das schon eine mittlere Überraschung: Woody Herman veröffentlichte 1955 ein neues Bigband-Album. Und er war damit erfolgreich bei Kritikern und Tänzern. Solchen aktuellen Swing hatte man nicht mehr zu erwarten gewagt.

1955 schien die Idee eines Albums mit tanzbarem Bigband-Swing ziemlich absurd. Immerhin waren solche Orchester schon mit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht nur aus Kostengründen von der Bildfläche und vor allem aus den Hitparaden verschwunden. Dass gerade der 1913 geborene Woody Herman damit wieder an die Öffentlichkeit trat, war für die Fans noch überraschender. Denn schon Ende der vierziger hatte der Klarinettist und Bandleader den damals noch verpönten Bebop entdeckt und Komponisten wie Igor Strawinsky von sich überzeugt.

Doch „The Woody Herman Band!“ ist tatsächlich eine tanzbare Swingplatte geworden. Und es wird deutlich, dass Herman vor dem Weg in die Studios seine Musiker erst auf Tour durch die Tanzsäle des Landes geschickt hatte – hier ist kein abgehobener Modern Jazz für akademisch versnobte Kritiker zu hören, sondern zutiefst tanzbare und sowohl gefühl- als auch humorvolle Musik. Die Party beginnt schon mit dem wilden Wild Apple Honey und geht – mit diversen balladesken Erholungspausen über solche Reißer wie La Cucaracha Mambo oder Hittin The Bottle weiter.

Doch ein Hinweis an die Jazz-Polizei: Gerade in den Solos der hervorragenden Bläser wird deutlich: Die Band ist nicht in der Zeit stehen geblieben, sondern hat das Kunststück geschafft, die Errungenschaften etwa des Bebop und anderer damals aktueller Spielweisen in ihre Musik einzubeziehen. Und so kann man „The Woody Herman Band!“ auch als Tanzmuffel und Jazzkritiker genießen. Doch tanzend macht die Platte einfach viel mehr Spaß.