In gewissem Sinne war er der Erfinder des Rhythm & Blues. Der 1917 geborene Journalist und Produzent Jerry Wexler erfand nicht nur die Bezeichnung für die Popmusik der Farbigen nach dem Zweiten Weltkrieg. Er produzierte für Atlantic einige der wichtigsten Alben der Popgeschichte.
Es war 1949 beim Fachblatt Billboard in New York. Der Chefredakteur war mit der Bezeichnung „Race Records“ für die Hitparade der Schwarzen Musik unzufrieden. Es würde den Inhalt nicht mehr treffen, meinte er. Und er verlangte Ideen von seinen Reportern, wie man diese Hitparade mit Titeln zwischen Jump Blues, Swing, Blues, Gospel und schwarzem Pop denn benennen könnte.
Es war schließlich Jerry Wexler, der den entscheidenden Vorschlag hatte: Rhythm & Blues. Der Begriff blieb. Er blieb bis heute, auch wenn zeitgenössige Produzenten heute lieber von R’n’B reden, weil sie den Blues völlig aus den Liedern verbannt haben und das Label nur noch als Etikett für zeitgenössische schwarze Popmusik zwischen HipHop und Mainstream-Pop a la Mariah Carey verwenden.
Der 1917 als Sohn einer aus Polen eingewanderten jüdischen Familie in New York geboren wurde, war nach diversen Anläufen als Reporter beim Billboard Magazin gelandet. Doch schon in den 50er Jahren wechselte er von der Musikkritik auf den Stuhl eines Musikproduzenten. Beim Independent-Label Atlantic begann er Ray Charles, Ruth Brown und andere farbige Musiker zu produzieren. Und brachte so den Soul in die Ohren der Menschen. In den 60ern schließlich brachte er die Karriere von Aretha Franklin in die Gänge, die vorher bei Columbia nur geringe Erfolge als Jazz und Popsängerin aufweisen konnte. Mit Alben wie „I Never Loved A Man (The Way I Love You)“ machte er sie weltweit als Queen of Soul bekannt. Er entdeckte die Studios und die Hausband von Stax in Memphis und nutzte sie etwa für die Produktion von Otis Redding oder Sam & Dave. Später nahm er auch die Dienste der Muscle Shoals Studios in Anspruch um seine Vorstellungen von Soulmusik umzusetzen. Mit Stars wie Wilson Pickett und Solomon Burke (neben Aretha und dem zu ABC gewechselten Ray Charles) wurde Atlantic zu dem entscheidenden Label für Soul in den 60ern neben Motown aus Detroit.
Natürlich war da nicht nur Genialität und ein gutes Ohr für Talente im Spiel. Sondern auch Bestechungsgelder. Aber das war in der damaligen Zeit in den USA gang und gäbe. Die einflussreichen Radio-DJs bekamen neben den neuen Platten auch gleich Schecks, damit sie die Titel möglichst oft spielten. Payola hieß das System, dass erst später zum Skandal wurde.
In den 70ern entwickelte sich Atlantic dann mehr in Richtung Rock. Auch hier ist Jerry Wexler nicht ganz unschuldig. Hatte er doch nach dem Hören eines Demo-Bandes die Vertragsunterzeichnung mit einer noch unbekannten Band namens Led Zeppelin angeschoben.
Später arbeitete Wexler dann für Warner, wo er etwa mit Bob Dylan, den Dire Straits oder auch mit George Michael arbeitete. Als Produzent war er bis weit in die 90er Jahre hinein immer mal wieder aktiv. Am 15. August 2008 starb er im Alter von 91 Jahren in Sarasota (Florida) an Herzversagen.