Ein neuer Großkreisname soll entschieden werden- ein Name mit Geschichte und Zukunft im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern und im Europa der Regionen. Ein Beitrag von Dr. Gerd Albrecht, Leiter des Vineta-Museums der Stadt Barth.
Seit über 700 Jahren ist die Geschichte unserer Region mit dem Namen Vorpommern verbunden. Die Regionalbezeichnung ist deutlich älter und slawischer Herkunft (po more = „am Meer“). Pommern, das Land am Meer.
Auf der Suche nach einer zukünftig tragfähigen Klammer erscheint die gewachsene historische Region die beständigste Variante. Fast 90% des Territoriums des zukünftigen Großkreises um Stralsund herum werden durch pommersche Geschichte mit all ihren Besonderheiten und Brüchen geprägt. Schon aus diesem Grund erscheint die Verwendung von Vorpommern im neuen Kreisnamen als unverzichtbar, wenn regionale Identität ernst genommen werden soll.
Auch unsere polnischen Nachbarn respektieren die regionalen Bezeichnungen und benennen das östlich der Oder gelegenen Hinterpommern heute als Westpommern oder auch Stettiner Pommern. Die östlich an Hinterpommern anschließende Landschaft bis zur Weichsel wird Pommerellen genannt. Dieses Gebiet wird im heutigen Polen Danziger Pommern genannt.
Die außerordentlich komplexe Territorialgeschichte Pommerns erschwert allgemeingültige und historische Lösungen, die auch nicht Ziel für eine offene und zukunftsorientierte Entwicklung des neuen Großkreises sein können. Die Bezeichnung der beiden im Wesentlichen vorpommerschen Kreise als Vorpommern-Rügen und Vorpommern-Greifswald würde der gesamteuropäischen Region Pommern Rechnung tragen und der Verfassung des Landes, die zwei gleichberechtigte Landesteile Mecklenburg und Vorpommern vorsieht.
Der Namensvorschlag Vorpommern-Rügen erfordert vom mecklenburgischen Bereich des zukünftigen Kreises eine gewisse selbstbewusste Toleranz. In großem Respekt vor der eigenständigen Geschichte des Territoriums westlich der Recknitz, wird diese eigene Identität auch zukünftig im Großkreis eine besondere Aufmerksamkeit und Wertschätzung finden, denn die gemeinsame erfolgreiche Entwicklung der letzten 20 Jahre im Landkreis Nordvorpommern ist nicht zu leugnen und auch insbesondere in den mecklenburgischen Gebieten um Ribnitz und Marlow zu verzeichnen gewesen. Beide Identitäten haben sowohl im Landkreis Nordvorpommern als auch im Land Mecklenburg –Vorpommern stets aufeinander bereichernd gewirkt.
Es gilt zu bedenken, dass mit dem Namen Vorpommern deutlich mehr als 90% der Ostseeküste des zukünftigen Großkreises fest im baltischen Raum verortet sind. Vorpommern ist seit mehr als 1000 Jahren ein wesentliches Glied der Ostsee-Familie. Diesen historisch gewachsenen Regionalnamen gegen einen allgemeingültigeren „Ostseekreis“ zu tauschen, der zwischen Kiel, Stockholm und Kaliningrad (Königsberg) überall gelegen sein kann, wäre ein Kultur- und Traditionsverlust für die deutliche Mehrheit des zukünftigen Kreisterritoriums. Im Europa der Regionen sollten wir die Regionen auch beim Namen nennen.
Die geographische Ähnlichkeit des einstigen Fürstentums Rügen mit dem Großkreis „Vorpommern –Rügen“ hat dabei in weiten Teilen einheitliche Geschichtslinien, die auch die gemeinsame zukünftige Entwicklung erleichtern wird. Das Fürstentum Rügen hat bis ins 14. Jahrhundert neben der Insel fast das gesamte Territorium des heutigen Kreises Nordvorpommern umfasst und kam erst 1325 zum Herzogtum Pommern-Wolgast (Abb.2). Ab 1648 bis zum Wiener Kongress 1815 verblieb Vorpommern nördlich der Peene bei Schweden. Unter besonderer Hervorhebung von Rügen, wurde mit der Übergabe von Schwedisch Vorpommern an Preußen 1815 die Territorialbezeichnung Neuvorpommern und Rügen für das Gebiet verwendet. Mit dem zukünftigen Großkreis wird dieses geschichtlich sehr eng verbundene Gefüge in wesentlichen Teilen wieder entstehen. Nach fast 200 Jahren, darf man vielleicht zukünftig das Attribut „neu“ weglassen und damit dem traditionsreichen und zugleich neuen Namen Vorpommern-Rügen eine Chance einräumen.
Die vorpommersche „Weltkulturerbestadt“ Stralsund bildet das Tor zur Insel Rügen und wird ebenfalls deutlich von den Entwicklungen profitieren, auch wenn der Name der Hansestadt im zukünftigen Kreisnamen nicht vorkommen sollte, wird ihr als zukünftigem Verwaltungssitz des Großkreises eine sehr zentrale und noch bedeutendere Rolle zukommen.