Joachim Käppner (Foto: Uwe Roßner)Vor zwanzig Jahren kam Joachim Käppner zum ersten Mal nach Greifswald. Der heute promovierte Historiker und Journalist reiste Ende 1989 für das Zeit Magazin an den Ryck, um über die in den neuen Bundesländern liegende Provinzstadt zu schreiben. „Ich bin gern wieder hier. Es hat sich viel getan“,  äußert er und erinnert sich auch an die Begegnung mit Angelika Petershagen und das Gespräch über die friedliche Übergabe der Hansestadt im Jahre 1945. Berthold Beitz begegnete er später.

Der 1913 im pommerschen Zemmin Geborene legte hier sein Abitur ab und wollte danach in die weite Welt. Erst im hohen Alter und auf Bitten rang sich sein ganz Leben lang mit Pommern verbunden fühlende Beitz zu einer autorisierten Biografie durch. Durch ein Interview kannten sich die Wirtschaftlegende und der Reporter Käppner bereits. Bemerkenswert für den Biografen blieb der Umstand, dass Berthold Beitz ungern über sich selbst spricht. Ein Freund von Interviews war er nie. Auch nicht von Memoiren.

Zwischen 2007 und 2009 recherchierte und schrieb Joachim Käppner an der Biografie. Am 13. Januar 2011 stellte er das Ende des letzten Jahres erschienene Buch in der Universitäts- und Hansestadt vor. Die Lesung stieß auf ein großes Interesse. Kostenlose Platzkarten mussten vorab für den Abend reserviert werden.

In Auszügen stellte der vielfach am Abend für sein vorgelegtes Werk gelobte Autor den Werdegang des einstigen Generalbevollmächtigen Alfried Krupps vor. Die prägende Zeit als Ölmanager in Galizien,  sein Verhältnis zum Firmeninhaber Krupp und Erich Honnecker sowie das Vermächtnis in der Zeit der Finanzkrise  stellte Joachim Käppner dem im Wissenschaftskolleg versammelten Kreis vor. „Es ist nichts zensiert oder manipuliert“, bemerkte  Joachim Käppner beim Erzählen über die Entstehung seines Werkes. Kein einziger inhaltlicher Eingriff sei seitens Berthold Beitz vorgenommen worden. „Das spricht für seine Souveränität“, fügt der Biograf hinzu. Schwer sei es dennoch gewesen, den nötigen Abstand zur Lebensleistung dieser Person der Zeitgeschichte zu wahren. „Ich habe versucht, die Motive für sein Handeln herauszufinden“, erklärt Käppner seinen Arbeitsansatz. Berthold Beitz sei bis heute jemand mit einem sehr beeindruckenden Maß an innerer Freiheit. Weggefährte, Freunde und Feinde standen  dem Schreibenden für Gespräche zur Verfügung. Selbst auf  Quellen und Dokumenten aus dem Privatarchiv an Berthold Beitz konnte er dabei zurückgreifen.

Der Abend des 25. Septembers 1952 wird ein entscheidender sowohl für Berthold Beitz als auch Alfried Krupp. Beide begegnen einander im Hamburger Hotel „Vier Jahreszeiten“. Krupp bittet um ein Gespräch unter vier Augen. Während des gemeinsamen kurzen Spazierganges erfolgt das Angebot nach Essen. Nach einem ersten Zögern erfolgt die Zusage. Es war mehr als ein Angebot. An jenem Tag feierte Berthold Beitz seinen 39. Geburtstag. Der einstige Generaldirektor der Iduna-Germania Versicherungsgesellschaften wird zum einflussreichsten Konzernführer der Bundesrepublik. Alfried Krupp holt ihn als Generalbevollmächtigten nach Essen, dort, wo Kohle und Stahl den Takt angeben. Beitz soll als Quereinsteiger der Firma ein neues Ansehen geben. Krupp bleibt bei seinem Entschluss: Waffen soll sein Großkonzern nicht mehr produzieren. Ganz unbelastet kann er seinen Vertrauten Beitz in die Verhandlung um die Auflagen der Alliierten schicken. Bereits 1959 spricht sich Berthold Beitz für die Entschädigung von jüdischen KZ-Häftlingen aus. Der freiwillige Alleingang tritt in der Adenauer-Zeit auf Widerstände. Gerade innerhalb der Wirtschaft. Beitz setzt sich mit der Befürwortung Alfried Krupps durch.

Innerhalb von wenigen Jahren steht das Unternehmen auf dem internationalen Parkett wieder gut da. Mit Charme und Stil öffnet Berthold Beitz viele Türen. Die Zukunft der Firma sichert er 1966 durch den Erbverzicht von Arndt von Bohlen an Krupp. Nach dem Tode des Eigentümers Alfried Krupp 1967 geht das Vermögen in die Alfried Krupp Stiftung ein. Bertold Beitz wird Vorsitzender des Stiftungskuratoriums und zum Vollstrecker des Testaments. Über viele Jahre hinweg klagt die Familie erfolglos dagegen an. Es war Alfried Krupps letzter Wille. Jahre der Krisen in der Metall- und Schwerindustrie gilt ab Mitte der 1960iger bis Anfang der 1970iger Jahre sowie in den Achtziger Jahren zu bestehen. Selbst bei der Finanzkrise steht Krupp 2009 mit seiner Essener Erklärung hinter seinen Arbeitern. Es sollen keine Arbeitsplätze abgebaut werden, so die Zusicherung. Der guten Tradition der sozialen Verantwortung will sich der Konzern auch in der globalisierten Welt stellen. Trotz Bankenkrise. Die Fusion mit Thyssen im Jahre 1999 dient zur Stabilisierung und dem Bestehen auf dem weltenweiten Markt und dem Abwenden einer feindlichen Übernahme.

Der 1913 im pommerschen Zemmin geborene Berthold Beitz ist auch ein Wegbereiter der Ostpolitik der Bundesrepublik, ein prägendes Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und einer, der den Einsatz für humanitäre Aktionen nicht scheut. Zwischen 1942 und 1944 beweist er im polnischen Boryslaw als Direktor der kriegswichtigen Karpathen Öl Aktiengesellschaft einen beispielhaften menschlichen Einsatz. Nach 1945 behält er diese Zeit für sich. Ihm und seiner Frau wird die Auszeichnung „Gerechte unter den Völkern“ zuteil.

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Bilder: Die Bilder werden hier mit Genehmigung des Berlin Verlages veröffentlicht.

  1. Erdmann und Erna Beitz mit Sohn Berthold, Juli 1914. (c) Privatarchiv Beitz
  2. Mit dem Greifswalder Oberbürgermeister Joachim von der Wense und dem Kultusminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Peter Kauffold, vor der ‚Alten Apotheke‘ in Greifswald, Januar 1999, heute Sitz des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs. (c) Archiv der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung
  3. Privataudienz bei Papst Johannes Paul II. im Vatikan, April 1981″ (c) Privatarchiv Beitz

Joachim Käppner: Berthold Beitz. Die Biographie

Berlin Verlag,
624 Seiten mit 4 Bildteilen,

ISBN-10: 3827008921
ISBN-13: 978-3827008923

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