Einen Tag im Leben der Stadt Berlin in den späten 20er Jahren wollte Walter Ruttman mit seinem quasidokumentarischen Film „Berlin: Die Sinfonier der Großstadt“ zeigen. Unter Verzicht auf eine durchgehende Story schildert er Stummfilm in einer Montage die Stadt als quasi lebendigen Organismus zwischen morgendlicher Ruhe und dem Dunkel der Stadt.
Analog zum Aufbau einer Sinfonie setzt Ruttmann die Schnitte seines Films im Tempo des städischen Lebens. Und er schildert gleichzeitig das Leben von Arbeitern, Angestellten, Beamten und Bettlern. Der Verkehr auf den Straßen, die Arbeiter in den Fabriken und die Damen vor den Schaufernstern: Im Rhythmus einer Sinfonie schneidet Ruttmann die Szenen. Und er begründet damit gleichsam ein eigenes Filmgenre, die Großstadtsinfonie. Denn wie sollte man sonst die Vielfalt einer Stadt einfangen zwischen Glanz und Elend, zwischen Hektik und Ruhe? Allein für Berlin gibt es zwei weitere derartige Streifen. So erschien 1950 die Symphonie einer Weltstadt mit Aufnahmen aus dem Jahr 1930 heraus. 2002 erschien als Reminiszenz und als Fortsetzung Thomas Schadts Film Berlin: Sinfonie einer Großstadt, der im Abstand von 75 Jahren das Thema erneut aufnimmt. Doch ist hier die Hektik der 20er Jahre einer fast trauernden Ruhe von langen Einstellungen gewichen, mit der der Regisseur den Wunden und Brüchen der Stadt seither nachgeht.
Die hier gezeigte Version ist leider ohne die zugehörige Filmmusik von Edmund Meisel. Doch auch in der vollkommenen Stille können die Bilder Ruttmanns ihre Wirkung entfalten.