Nicht nur für Seebären und Wasserratten eine spannende und unterhaltsame Lektüre. Das Lexikon berühmter Schiffe berichtet über 300 Schiffe auch aus der Mythologie und der Kunst zwischen der Vorzeit und der Gegenwart.
Wenn mich Bücher spontan alles andere vergessen lassen, dann haben sie meist etwas mit der Seefahrt zu tun. Als Sachse bin ich der vorgeblichen Romantik der See schon als Kind verfallen – und nur weil ich als Brillenträger von vornherein für einen seemännischen Beruf nicht tauglich gewesen wäre nach den DDR-Richtlinien, hab ich nie ernsthaft versucht, die See zu meinem Beruf zu machen. Was mich aber nicht hindern konnte, jede Menge Segelgeschichten, Bildbände über Windjammern, Reisebeschreibungen oder geografische Abhandlungen über die Weltmeere zu verschlingen.
Namen von Schiffen können bei mir sofort Reflexe auslösen und Assoziationsketten in Gang setzen: Etwa die Arche Noah der Bibel – aber auch das Wahnsinnsprojekt der Great Eastern aus dem 19. Jahrhundert mit ihren zahllosen Unglücken. Auch die Dulcibella aus Erskine Childers „Rätsel der Sandbank“ oder Joshua Slocums „Spray“ lassen mich den Alltag sofort ausblenden.
Thies Völker hat in seinem Lexikon berühmter Schiffe mehr als 300 historische oder literarische Schiffe versammelt und berichtet in trockenem und humorvollen Ton über ihre Geschichte. So findet sich neben der unvermeidlichen Titanic aber auch die aus dem Bogart-Film bekannte African Queen, neben dem ersten atomar angetriebenen deutschen Frachter Otto Hahn auch eine Abhandlung über die verschiedenen Versionen des Raum-Schiffs Enterprise. So ist dieses Lexikon eine gut und spannend zu lesende Lektüre über die Sehnsucht nach Abenteuern und über die Schrecken des Krieges, über die Suche nach den Grenzen der Welt und über Schiffe als Heimat in unruhigen Zeiten.
Diese thematische Mischung macht das gleichermaßen als solides, faktensicheres Nachschlagewerk und als spannend-entspannender Badewannen-Schmöker verwendbare Lexikon besonders lesenswert. Neben Tatsachen und Anekdoten aus der Weltgeschichte gibt es reichlich Stoff und Tratsch aus der Alltags-, Hoch- und Trash-Kultur: zum bundesdeutschen Traumschiff und zu seinem US-Vorbild Love Boat, zu Wagners Fliegendem Holländer, Hans Albers’F.P.1; Bildmotive von Caspar David Friedrich (Hoffnung) und Gericault (Floß der Medusa) kommen vor; der im Westen kaum bekannten DDR-Flotte wird viel Raum eingeräumt und der schweizerischen Hochseeflotte auch ein wenig.
Das bei Piper als Taschenbuch erschienene Lexikon ist zur Zeit leider nicht mehr lieferbar.