Two At A TimeThe Two Man Gentlemen Band verweigern sich musikalisch und technologisch der Neuzeit. Das einzige Mal, dass ihr aktuelles Album „Two At A Time“ mit der Digitaltechnik in Berührung kam, war bei der Überspielung auf CD. Selbst für das Pappcover wurden Bilder mit Offseund Texte mit Bleisatz hergestellt. Ihre Musik: Swing und Jazz im Geiste der 20er bis 40er Jahre. Ihre Texte: Sommerhits für die Party am Pool eines Zwei-Sterne-Motels.

Klasse, Vater hatte grad eine Operation und Mutter leidet noch an den Folgen der letzten Schönheitsbehandlung. Es gibt jede Menge verschreibungsfähige Medikamente im Haus. Lasst uns eine Party feiern! – In einer gerechten Welt könnte „Prescription Drugs“ ein echter Sommerhit werden. Auch „Pork Chops“, wo der Sänger begeistert darüber singt, dass seine Freundin wie ein Schweinekotelett schmeckt treibt einem sofort das Lachen ins Gesicht und setzt die Füße in Bewegung. Andere Lieder warnen davor, zuviel Wasser in die Drinks zu mixen, die Kombination von Käse und Crackers oder preisen schäbige Motels. He – das hier ist feinster Western Swing gemixt mit der Hitze und dem teils bösen Humor des klassischen Jazzzeitalters. Und es ist ansteckend großartig. Diese Platte ist ein Hit! Diese Musik muss gehört werden. Dazu muss man tanzen!

Aber Swing kommt hierzulande ja höchstens in Person von Max Raabe oder von seltsamen Grand Prix-Kandidaten ins Radio. Dabei sind die Lieder der Two Man Gentlemen Band derart witzig und eingängig, dass sie einen akustischen Glanzpunkt selbst im Mainstream-Dudelfunk setzen würden. An Deutschland ist ja ansonsten die Retroswing-Welle der 90er Jahre ziemlich vorbei gegangen. Und selbst Max Raabe verlegt sich mit seinen neuen Alben ja eher auf den Chansonbereich – wenn er nicht (eine seiner schlimmsten Entscheidungen überhaupt) zeitgenössische Hits halbwarm zu verswingen.

„Two At A Time“ ist bereits das siebente Album der ehemaligen Straßenmusiker. Doch bislang haben sich Gitarrist/Sänger Andy Bean und Bassist Fuller Condon eher den Ruf eines Geheimtipps erspielen können. Denn nachdem das Swingrevival der 90er abgeklungen ist, sind die Parties eher wieder beim Ska angelangt oder gleich beim Punk. Und das ist schade. Aber vielleicht kommen die entscheidenden Karriereanstöße für die Amerikaner ja aus Großbritannien, wo sich „Blitz-Parties“ mit historischen Kostümen und entsprechender Musik noch immer einen großen Besucheransturm verzeichnen können? Mit Bands wie Benoit Viellefon‘s Orchester, Top Shelf Jazz oder der Original Rabbit Foot Spasm Band würden sich die beiden sicherlich großartig verstehen. Letzlich hat mich „Two At A Time“ in der Kombination aus Musik und Text noch mehr überzeugt als etwa das letzte Album von Pokey LaFarge. Und das will was heißen. Ok, an Durchgeknalltheit ist C.W. Stoneking warscheinlich noch heftiger. Aber das ist eine andere Geschichte.