Zweifarbige Schuhe und Perlenketten? Sind die nicht mit den 50er Jahren aus der Mode gekommen? Klar, doch The Strata-Tones wollen mit diesen Anspielungen auf dem Cover von „Dressed Up To Fess Up“ einen kleinen Hinweis geben, worauf man sich bei dem Album freuen darf: Aktuellen Rhthm & Blues in klassischem Gewand.
„Ist der Blues heute eigentlich noch bedeutend? Oder ist das alles nicht nur eine Form der Geschichtsreflexion und Selbstbespiegelung?“ Das fragte mich letztens ein Freund, als wir uns über unsere Musikvorlieben unterhielten. Spielt der Blues noch eine vitale Rolle in der Musik, oder beobachten wir seit Jahren nur noch eine Ansammlung von Untoten? Wenn man wie viele etablierte Musikjournalisten einem Aktualitätsbegriff und der Gier nach den jeweils letzten Trends anhängt, dann ist die Frage eindeutig beantwortet.
So jemand würde schon nach den ersten Tönen des Openers „Keep On Cookin'“ abwinken: Das ist wieder nichts Neues. Das haben wir doch schon vor Jahrzehnten erledigt. Wer solche Musik hört und vor allem spielt und schreibt, der ist ein Nostalgiker. Klar bin ich Nostalgiker. Klar liebe ich die Musik der 30er bis zu den frühen 70er Jahren des letzten Jahrhunderts mehr als den Großteil dessen, was heute als aktuell gilt. Und so freue ich mich darüber, wenn ich wieder mal Bands entdecke, die ähnlich gesinnt sind. Und The Strata-Tones gehöre da eindeutig dazu. Auch vom Ansatz her, sich ganz im Stile zu kleiden. Zwar (so das Foto im Booklet) nicht in zweifarbigen Schuhen, dafür leuchtet die Fußbekleidung zu den schicken Anzügen in feurigem Rot. Wobei The Strata-Tones eben nur vom Stil her Nostalgiker sind. Die Songs auf ihrem Album selbst sind bis auf zwei aus der Gegenwart – sprich von den Bandmitgliedern selbst geschrieben. Neben „Ball & Chain“ ist das einzige Cover der Opener Keep On Cookin‘ von BJ Thomas.
Also dann: Rauf auf die Tanzfläche zum swingenden Blues der Strata-Tones. Teilweise unterstützt von einer Horn Section hat man hier alles, was man für eine Tanzparty braucht: Mitreißende Shuffles, Boogie-Klänge, Ausflüge in jazzigere Gefilde und sogar Rhumba-Klänge. Bei Lead-Gitarrist Bruce Krupnik hört man seine Liebe zu Gitarristen wie Albert King. Kevin McCracken spielt eine Bluesharp irgendwo zwischen Little und vor allem Big Walter. Ken Burton steuert die nötigen Hammondklänge bei oder treibt mit dem Klavier den Song voran. Und die Rhythmusgruppe mit Bassist Will Anderson und Schlagzeuger Rick Pittman liefert das stabile Fundament. Und dann haben die Strata-Tones vor allem: eine Sängerin: Valerie Johnson hat genau die Stimme, die man dafür braucht – kräftig, ein wenig verrucht wenn es drauf ankommt, voller Leidenschaft. Selbst bei „Ball And Chain“, der einzigen Live-Aufnahme des Albums lässt sie sich nicht von den großen Vorbildern Big Mama Thornton oder Janis Joplin einschüchtern sondern gibt einfach alles, um eine eigene und beeindruckende Interpretation zu liefern.
Konsequent retro – aber frisch und aktuell gespielt. The Strata-Tones haben mit „Dressed Up To The Fess Up“ ein wirklich überzeugendes Album veröffentlicht.