FINDTHEONE 2012 cover highresSie werden modischerweise als alt.bluegrass bezeichnet. Doch eigentlich sind The Coal Porters eine ganz klassische Bluegrassband, die mit ihrem fünften Album die perfekte Musik liefern für lange Abende am Lagerfeuer, Ihre Geschichten mögen zwar oft in der Vergangenheit angesiedelt sein. Aber Themen wie Flucht und Vertreibung, Liebe und Verzeihen sind zeitlos und damit aktuell.

Vor etlichen Jahren erfand Sid Griffin mit seinen Long Ryders quasi den alt.country, heute treffenderweise und umfassender als Americana bezeichnet. Selbst Grungeheads wie Kurt Cobain fanden diese Band klasse. Inzwischen lebt der Musiker, Autor und Radiomacher aus Kentucky seit etlichen Jahren in London. Und eigentlich hatte er mit seiner neuen Band The Coal Porters an die Erfolge der Long Ryders als elektrische Band anknüpfen wollen. Doch nachdem er eine akustische Folkband produziert hatte, drehte er der Band kurzerhand den Strom ab. Kontrabass, Fiddle, Banjo, Mandoline, Gitarre, mehrstimmiger Satzgesang – und vor allem: kein Schlagzeug. Eine Besetzung ganz im Sinne des klassischen Bluegrass. Und plötzlich wurde die Band viel häufiger gebucht und wurde bekannter. Allerdings liegt dass nicht nur daran, dass The Coal Porters damals in Großbritannien einmalig waren. Nein, hier sind nicht nur hervorragend aufeinander eingespielte Musiker und Musikerinnen am Werke sondern auch bemerkenswerte Songwriter.

Das wird auf „Find The One“ schon mit dem ersten Song klar: „Barefoot On The Courthouse Lawn“ ist einer dieser Songs, bei denen man sich schon von Beginn an wohl fühlt. Und man möchte einfach die Schuhe ausziehen und auf der Wiese sitzenbleiben, der Band lauschen und drauf vertrauen, dass die Wärme der Sonne zumindest heute noch ausreicht dafür. Dass später wieder kältere Tage kommen – wenn man daran denkt, bekommt man unweigerlich den Blues. Und also wird der Gedanke einfach verscheucht. Wer aber glaubt, hier einfach für ein Album lang sich einfach träumend dahintreiben lassen kann, der darf nicht auf die Texte hören. Ein Song wie „Hush U Babe“ (zu Gast hier an der Gitarre übrigens Richard Thompson) schildert die Flucht aus den amerikanischen Südstaaten zur Zeit der Sklaverei. Und auch „Brand New Home“ ist eher eine melancholische Alltagsbeschreibung vom Grunde der Gesellschaft als die Lobeshymne auf die neue Luxusvilla. Selbst David Bowies „Heroes“ gerät bei dieser Band zu einer traurigen Ballade kurz vor Tränenausbruch. Zum Glück gibt dazwischen immer wieder fröhliche und ausgelassene Nummern voller Zuversicht.

Fünf der Songs stammen von Griffin, drei Stücke schrieb Gitarrist Neil Robert Herd, zwei stammen von Geigerin Carla Frey. Und dann gibt es noch eine zweite Coverversion: „Paint It Black“ ist trotz der Akustikbesetzung nah an den Rolling Stones. Vielleicht auch wegen der Sitar, die hier die Band ergänzt. Ein wunderschönes Album. Und könnte mir bitte mal jemand erklären, was das Etikett alt.bluegrass eigentlich soll? Das ist Bluegrass von heute, frisch und ohne Schminke. Und damit traditionell.

„Find The One“ erscheint hierzulande am 21. September, kann allerdings schon bei Amazon vorbestellt werden.{module Bluespfaffe}