Wie laut kann man als Band eigentlich noch sein, ohne sich selbst zu sabotieren? Die Blues Dentists waren bei ihrem Greifswalder Konzert einfach jenseits der Schmerzgrenze.
Es gibt Konzerte, auf die freue ich mich schon ne Weile vorher. Wie etwa auf den Greifswalder Auftritt der sonst mehr in England aktiven Blues Dentisten. Die Band – vier zum größten Teil auf hohem Niveau spielende Musiker. Die Musik: gut abgehangene und in Würde gealterte Klassiker aus dem Blues und der Rockmusik der 60er und 70er. Die richtigen Voraussetzungen also für einen spannenden Konzertabend.
Und was die Truppe (Bernd Schwahn – g, voc, Michael Meier – b,voc, Axel Schulz -org, p, mharm, voc und Ulf Yacobs – dr) am 6. Januar spielte, war musikalisch gut bis sehr gut. Als Greifswalder Bluesfan kennt man natürlich viele der Nummern von den Stones, Bob Dylan oder aus dem klassischen Blues-Repertoire. Doch gerade durch die Orgel und die Stimme von Axel Schulz erhielten die Stücke eine Note, die zeitweilig einfach nur mitreißend war. Als Warm-Up für ihre zweite England-Tour war das Konzert also eine gute Sache.
Doch – und hier muss ich einfach mal wieder ins Nörgeln kommen – es war einfach viel zu laut. Schon bei den ersten Takten fielen im Keller des Café Caspar Reste der Silvesterdekoration von der Decke. Unerbittlich bohrten sich die Töne von Bass und Gitarre durch die Gehörgänge und das Bauchfell bis ins Rückenmark. Die Schlagzeugattagen und der Gesang setzten noch eine schrille „Nuance“ oben drauf, so dass man nicht mal mehr von einer Wall of Sound sondern eher von einer Soundlawine (fast genauso gesundheitsgefährdend wie eine aus Schnee und Gestein) reden kann. Nur wenn Axel an Orgel oder Bluesharp ein Solo spielte, war der Krach verschwunden. Sonst konnte man ihn leider überhaupt nicht hören im Gesamtklang.
Schon nach wenigen Titeln verzogen sich also die ersten Zuhörer und Zuhörerinnen, suchten teilweise außerhalb des Kellers nach einem Ort, wo der Sound erträglicher und vor allen Dingen auch durchsichtiger war. Selbst altgediente Bluesfans waren mehr oder weniger entgeistert. Mir dröhnten bald nur noch die Ohren. Und das kann man auch nicht einfach auf die akustischen Gegebenheiten des Kellers schieben. Immerhin haben dort auch Bands wie die noch größer besetzten Stimulators gespielt, ohne dass es akustische Probleme gegeben hätte. Vielleicht hätte man einfach ein kleineres Drumkit verwenden sollen oder das vorhandene abdämpfen, um einen Gruppenklang hinzubekommen. Ich weiß es nicht. Erst als ich ermattet von so viel Krach auf dem Heimweg war, bekam ich einen Eindruck, wie gut die Blues Dentisten eigentlich klingen könnten: Vor dem Caspar im Frost erhielt man einen Klang, wo Gitarre, Klavier, Gesang, Bass und Schlagzeug wirklich harmonierten, wo selbst ein häufig gecoverter Song wie Beast of Burden eine wirkliche Schönheit ausstrahlte. Doch da war ich bereits schon zu müde, um noch weitere Titel in der Kälte anhören zu können.