Wenn Sybil Gage anfängt zu singen, dann ist von Anfang klar: Diese Jazz- und Blueslady kommt aus New Orleans und hat den Groove und den Flair der Stadt vollkommen verinnerlicht. Ihr 2009 veröffentlichtes Album „NOLA Calling“ ist ihre Reaktion auf das Desaster von Katrina, was dazu führte, dass Gage inzwischen in Florida wohnt. Doch wo etwa Dr. John noch immer die Wut packt, wenn er über seine Heimatstadt nach der Katastrophe singt, ist ihr Album eine Feier der Musik.
Das Piano erinnert an die legendären Professoren des Instruments. Sie selbst zelebriert sich als Diva mit Federboas, stellt die Bühne mit zahllosen Hutschachteln voll. Und vor allem singt sich mit der Emotion und dem Witz der Blues-Queens der 20er Jahre: Eine starke Frau, die den Blues lebt. Wenn sie etwa dem „Champagne Daddy“ klar macht, dass ihr der sprudelnde Alkohol nicht so wichtig wäre, wie genügend Geld, um die Pleite abzuwenden. Die Fähigkeiten als Herzensbrecher sind nicht entscheidend, wenn einem der Magen knurrt. Das ganze kommt daher als beschwingter Boogie, bei ihrem Gesang kann man das verschmitzte Augenzwinkern fast vor sich sehen. Auch wenn sie verspricht das „Honey Chile“ des Partners zu sein – das ist keine Ergebenheitserklärung an den Mann. Er muss genauso viel in die Beziehung einbringen. Mit gleichem Charme und Swing nimmt sie auf „NOLA Calling“ auch die Nervereien der modernen „Musik“-Welt zwischen Blackberry-Sounds und Klingeltönen auf‘s Korn („Ding Dong Blues“) oder den Hip-Hop-Slang der Szene heutzutage.
Wie wichtig ihr die oft zum Vaudeville gehörigen Bluessongs der 20er Jahre sind, kann man an ihrem in Arbeit befindlichen nächsten Album „Requests from the Bar“ sehen: Neben eigenen Songs interpretiert sie hier Klassiker von Alberta Hunter, Bessie Smith, Trixie Smith aber auch von Edith Piaf.