CoverWeihnachtsalben sind eigentlich der Inbegriff von schmalzigem Kitsch, auch wenn die Platten mit Zusatzbegriffen wie „Rockig“ oder „Funky“ aufgepeppt werden. Die Ausnahme von dieser Regel ist die von Tramp Records vorgelegte Sammlung „Santa’s Funk & Soul Christmas Party“.

Eine Freundin hat einen Wettbewerb gestartet. Wer nachweislich zum ersten Mal im Jahr im Radio „Last Christmas“ hört, bekommt von ihr ein Bier spendiert. Ich werde da nicht gewinnen können. Denn aus Selbstschutz vermeide ich nicht nur „normale“ Radiosender, wo diese Nummer garantiert schon bald wieder in die Dauerrotation kommt, sondern gehe auch nur mit geschlossenen Ohren durch die Innenstadt. Wobei der Schmachtfetzen von Wham! nur ein Beispiel dafür ist, welcher Akustikmüll von den Leuten mittlerweile mit Weihnachten verbunden wird. Auch die x-tausend Fassungen von Jingle Bells, White Christmas oder auch solche „Rock“-Nummern wie von Slade sind nichts anderes als Umweltverschmutzung, weil sie mit solcher Penetranz und Regelmäßigkeit den Zuhörern in die Gehörgänge geblasen werden.

Dass Weihnachtsalben auch ganz ohne Kitsch (seien wir ehrlich: bei aller Schönheit und Behäbigkeit ist auch Dylans Weihnachtsalbum beileibe nicht der Kitschfalle entkommen) funktionieren können, haben Trampchef Tobias Kirmayer und Jan Kohlmeyer jetzt bewiesen. Aus einer Sammlung von ursprünglich 50 Weihnachtsliedern aus den Bereichen Soul, Funk und Groove-Jazz haben sie letztlich 13 Stücke ausgewählt und auf CD und Vinyl gepresst. Neben den (was sollte man bei Tramp auch anders erwarten?) absolut unbekannten Namen der Soulgeschichte findet sich dabei sogar noch eine Nummer von Bluesgigant Jimmy Reed („Christmas Present Blues“). Und diese Lieder kommen zwar garantiert nicht ohne Santa Claus dafür auf jeden Fall (bis auf ein ganz kurzes Zitat) ohne Schneegestöber und Schlittenfahrten mit Glöckchengebimmel aus. Wer allerdings beim Hören ruhig auf seinem Stuhl sitzen bleibt, ist unmusikalisch oder taub.

Neben dem rein musikalischen Vergnügen ist das Album mal wieder eine höchst lohnenswerte Geschichtsstunde zu Musik in den 60er und 70er Jahren jenseits von Stax und Motown. Kirmayer und Kohlmeyer haben Künstler wie Detroit Junior, Count Sidney & his Dukes oder Gary Walker in ihren Single-Sammlungen von Labels wie Goldband, D-Town, Foxy oder Klondike gefunden. Einzige neuere Nummer ist übrigens „Stone Soul Christmas“ von Binky Griptide. Der gehört zu den ersten Mitgliedern der Dap-Kings.

Autor Bluespfaffe