memory-2012Mehrere Live-Alben mit Coverversionen hatte der aus Oklahoma stammende Sänger und Mundharmonikaspieler Ray Davis in den letzten Jahren veröffentlicht. Und schon darauf war zu spüren, wie wenig ihm die Grenzen zwischen Blues, Soul, Jazz, Funk und Reggae eigentlich bedeuten. „Shadow of a Memory“ ist das erste Studioalbum mit eigenen Songs, das er gemeinsam mit seiner Band Pocketful of Blues eingespielt hat.

Man fühlt sich sofort wie an einem dieser schwülen Sommerabende, wo die Luft im Zimmer steht und die Sehnsucht nach dem reinigenden Gewitter von Minute zu Minute wächst: Ray Davis spielt mit seiner Tasche voller Blues eine Sammlung von Blues und Soul, die einen mitnimmt auf eine Reise durch düstere Kellerkneipen, schummrige Bars und in die Gegend der Sümpfe jenseits der Gasse, gleich am Ufer des Flusses. Seine Stimme ist beschwörend und gleichzeitig melancholisch, verführerisch und doch irgendwie hoffnungslos. Und wenn seine Bluesharp die Melodie übernimmt, dann bringt das ebensowenig den reinigenden Ausbruch wie die klaren Gitarrenlinien oder der satte Orgelteppich.

Nur manchmal bricht ein frischer Wind in die Musik. Etwa bei „It‘s For Real“ mit seinem stampfenden Funkrhythmus. Oder wenn in „Mazzamitla“ Davis zum Barden mit der akustischen Gitarre wird. Oder kurz vor Schluss, wenn er mit (seinen?) Kindern übermütig „It‘s Summertime“ anstimmt und die Lust aufs Freibad selbst im Spätherbst weckt. Doch dann kommt noch „Ramblin‘ On My Mind“, das er mit seiner Band in einen Jazz-Blues samt Trompete verwandelt. Doch das „Ramblin“ bleibt nur ein Versprechen. Hier ist kein Ausbruch, keine Bewegung. Dafür ist es zu schwül.

„Shadows Of A Memory“ ist eine angeneme Entdeckung im Bluesjahr 2012. Und in seiner Missachtung der bluespolizeilich vorgeschriebenen Genregrenzen für die Zukunft des Blues wichtiger als ein Großteil der in den letzten Monaten entdeckten Wunderkinder an der Bluesrockklampfe.

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