Wenn sich einer nicht an die eingeführten Mechanismen des Musikgeschäfts halten mag, dann ist das Prince. Nicht zum ersten Mal beschließt er, sein aktuelles Album lediglich den Käufern von Zeitschriften zu schenken. Dabei ist 20Ten im Rahmen des übermächtigen Recyclings der 80er ein durchaus eingängiger und tanzbarer Beitrag.
Ich gestehe es gleich von Anfang an: Mit Prince habe ich eigentlich noch nie wirklich was anfangen können. Erstmals lernte ich ihn kennen, als der Film Sing O‘ The Times in den ostdeutschen Kinos lief. Das war schon ein zwiespältiges Erlebnis: Einerseits ist da ein Musiker, dem man es sofort abnimmt, wenn er den Hendrix an der Gitarre raushängen lässt. Doch dann ist da eine Show so voller Plastikklänge und -emotionen, dass ich mit fragendem Gesicht nach dem Film nach Hause ging. Später sah und hörte ich dann auch noch „Purple Rain“ – und das war für meine Ohren schon ganz was anderes: großartig nämlich. Doch es hat nicht gereicht, dass ich die wechselvolle Karriere des Musikers weiter aktiv verfolgt hätte.
So ist 20Ten für mich gewissermaßen ein Neuanfang. Und der ist so schlecht nicht. Das Album knüpft an den Sounds der 80er ebenso wieder an wie an Princes damaligem Electro-Funk. Und angesichts oftmals steriler Maschinengrooves oder hochgepushter Pseudostars ist das ein Popalbum, das endlich mal die damalige Zeit mit angenehmeren Erinnerungen weckt. Und Songs wie Compassion sind tanzbarer als das meiste, was derzeit in den Charts ist.
Kritiker monieren, dass das alles zu oberflächlich sei, dass die Funk-Jams in zu geringer Geschwindigkeit sich quasi ausbrennen, dass die Hooklines so beliebig sind, dass man sie nach dem Hören sofort vergessen hat. Da mag was dran sein. Doch ehrlich: wer hätte von dem älter werdenden Zeugen Jehowas heute noch die Revolution erwartet? Hier verwaltet einer auf hohem Niveau sein musikalisches Erbe. Und zeigt noch ner Menge Leute, wie viel sie noch zu lernen haben, um wirklich funkige Popmusik im Stile der 80er zu machen.
Also: Wer das Album haben will, sollte schnell noch ein Heft des aktuellen Rolling Stone kaufen – darin ist auch ein schöner Artikel samt Interview mit dem durchgeknallten Musiker und seiner Heimatstadt. Darin macht Prince auch deutlich, dass für ihn die Zeit des Internet eigentlich schon vorbei ist. Daher soll es das Album auch nicht als Download geben.