Das Cover von „One Horse Town“ mag anmutend wie aus einem Gothic-Western in einer Geisterstadt. Doch das Debüt des Studioprojekts Mockingbird Hill spielt sich höchst lebendig ab zwischen Country-Blues, Jazz und heftig rockenden Nummern. Songwriter Andy Littlewood hat hierfür eine große Zahl befreundeter Musiker aus England und Schottland versammelt.
Manche Alben sind wie eine Einladung zu einer Entdeckungsreise. Da kann es planmäßig in Richtung eines Ziels gehen etwa auf der Suche nach dem perfekten Popsong oder dem ultimativen Bluessound. Andere dieser Expeditionen – und hier gehört „One Horse Town“ hin – ähneln einem neugierigen Kreuzzug quer durch bekannte und unbekannte Gegenden. Und was man unterwegs findet, wird in entsprechenden Songs festgehalten und als Reiseandenken aufbewahrt.
Andy Littlewood ist ein Songwriter, der sich hörbar in den verschiedensten Stilen wohlfühlt und sich entsprechend nicht wirklich festlegen lassen will. Ob er mit Train a Comin einen weiteren Beitrag für die unendliche Sammlung von Train-Songs im Blues (mit Harp in diesem Fall) liefert, Reminiszenzen an Old School Rocker wie Thin Lizzy in „Son Of A Gun“ loslässt oder gar poppigen Jazz für den Fahrstuhl ihrer Wahl („Lady Sings The Blues“ – für mich trotz der wundervollen Stimme von Sängerin Malaya einer der schwächsten Songs) serviert: all dass ist – auch wenn man es manchmal kaum glauben möchte – von einem Menschen geschrieben. Hier merkt man, dass er als Sonschreiber für so unterschiedliche „Kunden“ wie Maxi Priest, Starship, Keathy Sledge oder für diverse Filme gearbeitet hat.
Man mag jetzt einwenden, dass so eine an Beliebigkeit grenzende Vielfalt einem Album selten gut tut, aber zumeist sind Littlewoods Songs gut bis großartig. Nehmen wir etwa die mehr als sechs Minuten lange Klage über die Schwierigkeiten, vom Alkohol los zu kommen („My Friend Is The Bottle“): das ist auf den Punkt eindrücklich und gemeinsam mit dem schottischen Gitarristen und Sänger Michael John McElligott quälend intensiv serviert. Bluesrock a la carte! Oder die Streifzüge zwischen die Ursprungsregionen des Blues zwischen Louisiana (In The Name of the Blues), dem Mississippi-Delta oder einem zeitgenössischen Bluesclub (Perfect Stranger): hier wird nicht gepost oder vordergründig auf Applaus geschielt sondern intensiv bis zum letzten der Blues aus vollem Herzen zelebriert. „One Horse Town“ ist eine angenehme Neuentdeckung aus Großbritannien – empfehlenswert!