„mußt ihr mal ein kompliment machen, dann ist sie auch wieder gut drauf.“ sagte er.
„wie kommst denn darauf? meine frau ist doch gut drauf.“
„na ja, wie ein mensch drauf ist, ist doch auch immer ein spiegelbild der beziehung. und wenn ich sehe, wie du so dasitzt… ist doch so ein wechselding, irgendwie. frau gut drauf, mann gut drauf, mann schlecht drauf, frau gut drauf, nee quatsch, ich meine natürlich schlecht drauf, und so geht das hin und her.“
„ach, so ist das? meinst du wirklich? und die ganzen leute, die keinen festen partner haben, wo holen die ihre schlechten stimmungen her und ihre guten launen, ihr gutes wohlbefinden?“
„na, durch die sehnsucht, daß noch jemand kommen könnte, am nächsten tag oder am übernächsten, oder weil sie lose verbindungen haben, nicht ständig mit der losen verbindung tag und nacht verbringen, jedenfalls mache ich meiner frau jede menge komplimente, und dann ist sie immer gut drauf.“
„ach ja? zum beispiel?“ fragte der mann.
„na, ich sag dann sowas wie: du hast heute aber wieder ein hübsches kleid an. weißt du, sowas eben sag ich ihr, wenn sie von der arbeit kommt. oder: warst du beim friseur? die haare sehen aber gut aus. obwohl sie gar nicht beim friseur war, weißt du, und das gefällt ihr trotzdem, oder ich sage, so anbei wenn ich aus dem fenster schaue: oh, du hast du den wagen aber heute gut eingeparkt. das gefällt ihr, kannst mir glauben.“
„ja, glaub ich dir.“
„und? machst das auch manchmal, sagst sowas auch zu deiner frau?“
„sie will sowas nicht hören.“ antwortete der mann.
„jede frau will das hören.“
„ich hab mal zu ihr gesagt, du bist aber dünn, hier um die hüften und so, und das hab ich bloß gesagt, weil ich das dünne nicht mag.“
„ja, sowas ist gut, aber du mußt sagen: du hast aber abgenommen, sieht super aus, wie schlank du bist. oder sagst zu ihr: oh, deine lippen sehen aber toll aus, so wie du sie geschminkt hast.“
„meine frau schminkt sich ihre lippen nicht.“
 
als seine frau nach hause kam, sagte der mann: „sind das neue schuhe? die sehen aber richtig gut aus an dir.“
„was ist denn mit dir los, die habe ich schon jahre. hallo, mein schatz.“ und sie drückte ihm nassgeregnet einen schmatzer auf.
„wirklich? ich hab die noch nie an dir gesehen, ich dacht die wären neu. sehen gut aus an dir. du kannst sowas tragen.“
die frau rubbelte sich die haare trocken.
„sehen gut aus, so wild, die haare. warst du beim friseur?“
„ist gut jetzt.“ sagte seine frau, „deck uns mal den tisch.“
als der mann das vollkornbrot in scheiben schnitt, dachte er: aber diese bluse an ihr hab ich noch nie gesehen und der mantel ist doch auch ganz neu… hm, radieschen zu dieser jahreszeit, gut, daß es sowas jetzt gibt. lecker. der mann befreite die radieschen vom kraut, hielt die roten knollen unter kaltes wasser und rubbelte ihnen die erde ab, spürte kühlend das wasser auf seiner von radieschenblättern brennenden haut.
die frau kämmte ihre zu berge stehenden haare nieder, legte den fön beiseite und kam an den gedeckten tisch.
„das ist so gut, daß du radieschen mitgebracht hast, hab ich vorhin gar nicht gesehen in deinem abgestellten beutel, find ich so gut, daß du die mitgebracht hast, kann man schön dran knabbern.“
„freut mich.“ sagte seine frau, und der mann biß ins erste radieschen, fragte: „der rucksack, ist der…“, hörte das laute knacken eines radieschen durch den biß seiner frau, sah sie das radieschen mit ihren zähnen zermahlen und griff sich selbst ein nächstes, ein dickes radieschen, dick wie eine rote rübe, wenn es denn durchs land der zwerge kullern würde.

 

UNTERM SAFT GEHT’S WEITER / 59