Manche nennen den Sänger und Harpspieler John Nemeth einen der letzten echten Soulmen. In Memphis entstand sein aktuelles Album „Memphis Grease“, eine Mixtur aus Soul und Blues mit der einprägsamen Harp. Und das ist wirklich eine selten großartige Scheibe geworden.
Album des Monats April 2014 bei der „Wasser-Prawda“
Manchmal muss man wirklich genau und mehrfach hinhören, um den Witz mancher Texte zu verstehen. Worum es bei „Elbows On The Wheel“ ging, verstand ich erst, als ich ein wenig in der Biografie von John Nemeth gelesen hatte. Der Musiker mit ungarischen Wurzeln war früher als Truckfahrer unterwegs. Und mit beiden Ellenbogen steuerte er damals das Gefährt und hatte so die Hände frei für die Mundharmonika. Auch heute noch nutze er diese reichlich unkonventionelle Fahrtechnik, wenn er den Bandbus durch die Lande steuert und gleichzeitig mit seinen Musikern neue Arrangements proben will. Daraus hat Nemeth eine witzige und äußerst unterhaltsame Nummer gemacht, die für mich zu den Höhepunkten eines der bislang besten Alben 2014 gehört: Ein treibender Groove, fette Bläserriffs, eine schneidende Harp und ein Gesang, der zwischen Blues und manchmal fast gerappten Portionen pendelt. Ein musikalisches Roadmovie.
Gemeinsam mit den Bo-Keys, einer Band von Studioveteranen aus Memphis, hat Nemeth Songs aufgenommen, die mal hemmungslos romantisch sind, mal deftig, mal witzig – und niemals belanglos. Der Soulblues dieser Truppe nimmt einen sofortt gefangen und lässt Fragen nach zeitlicher Aktualität belanglos werden. Klar ist das Musik, die zutiefst in den 60er und 70er Jahren verwurzelt ist. Doch anstatt sich mit den nächsten überflüssigen Neuaufgüssen der Klassiker abzugeben.,erzählt Nemeth meist seine eigenen Geschichten zwischen Liebe, Leid, dem Leben unterwegs und dem alltäglichen Pech. Dass Nemeth nicht nur als Sänger eine Ausnahmeerscheinung in der heutigen Bluesszene ist sondern auch einer der bemekenswertesten Harspieler, wird vielleicht am besten bei „Bad Luck Is My Name“ deutlich. Für mich ein weiteres Highlight, ebenso wie der Opener „Three Times A Fool“.
Es würde mich nicht wundern, wenn Nemeth auch mit diesem Album wieder eine Vielzahl an Preisen und Nominierungen abräumen würde. Für seine letzten Live-Alben „Blues live“ und „Soul live“ war er gleich fünfmal für die Blues Music Awards nominiert. Und das war für Live-Aufnahmen ein bis heute gültiger Rekord. (Blue Corn/Alive)