burnett_chester_a_001Es gibt Alben, an denen scheiden sich die Geister. Die Kritiker waren nicht begeistert von dem Album, was Howlin Wolf an paar Tagen im Mai 1970 mit Stars der britischen Rockszene eingespielt hat. Doch bei den zumeist weißen Fans kamen die London Sessions von Anfang an hervorragend an. Nicht nur deshalb war die LP die einzige, mit der Howlin Wolf in die Topregionen der Albumcharts vordringen konnte.

Das Rezept schwarzer Blueser tritt mit weißen Rockjünglingen auf, wurde schon öfters und vorher zelebriert. Die Ergebnisse solcher Sessions und Konzerte sind unterschiedlich. Großartigen Alben wie „Fathers & Sons“ von Muddy Waters mit Paul Butterfield und Mike Bloomfield stehen mittelmäßige Veröffentlichungen wie die „London Sessions“ (ebenfalls Waters) gegenüber.

Norman Dayron, der für Chess schon „Fathers & Sons“ produziert hatte, schlug Clapton das gemeinsame Album mit Howlin Wolf vor, bevor er noch das Einverständnis von Chess oder Wolf hatte. Clapton sollte in London eine Band organisieren, Dayron sollte die andere Hälfte aus Chicago mitbringen. Aus den Aufnahmesessions wurde letztlich das „social event of the year“. Neben Clapton meldeten sich Bill Wyman und Charlie Watts von den Stones (und Mick Jagger saß ständig im Studio mit herum), auch Ringo Starr (unter dem Pseudonym Richie) und Klaus Voormann waren bei einem Titel als Rhythmusgruppe dabei. Am Piano saß Ian Steward, während Steve Winnwood erst später seine Beiträge an Klavier und Orgel einspielte. Mit Wolf waren sein ständiger Rhythmusgitarrist Hubert Sumlin und Harmonikaspieler Jeffrey M. Carp gekommen.

Doch die Sessions liefen erst überhaupt nicht gut. Wolf war krank und hatte anfangs überhaupt keine Lust, mit den Weißen zu spielen. Clapton hätte nach dem ersten Tag am liebsten den Kram hingeschmissen. Doch als er bei der Aufnahme von „The Red Rooster“ Wolf seine Gitarre reichte, damit er ihm den Part vorspielen sollte, war das Eis gebrochen.

Insgesamt 13 Titel umfasste die im Sommer 1971 erschienene LP, alles Klassiker aus dem Repertoire von Howlin Wolf von Wang Dang Doodle und I Ain’t Superstitious bis hin zu Built for Comfort. Drei weitere Titel der Sessions erschienen 1974 auf einem Album namens „London Revisited“, auf dem noch Restbestände von Muddy Waters Londoner Sessions vermarktet wurden.

Die 2002 veröffentlichte Deluxe Edition bringt diese 16 Songs und ergänzt sie um weitere 12 Tracks auf einer zweiten CD. Dabei handelt es sich einerseits um Probenaufnahmen mit interessanten Anweisungen von Wolf an seine Mitmusiker. Andererseits sind es alternative Abmischungen der Titel. Wie bei der Deluxe-Reihe üblich ist die Aufmachung der CDs hervorragend. Ein ausführliches Booklet informiert über die Geschichte des Albums und bringt etliche Fotos aus dem Studio in London. Wer „The London Howlin Wolf Sessions“ noch nicht in seiner Sammlung hat, kann also ruhig zu dieser Ausgabe greifen.