hbo riseBlues und Orchester? Eine wirkliche Erbeverwaltung in Sachen Blues und Black Music? Was der Bandname verspricht hält das Heritage Blues Orchestra auf seinem Debütalbum „And Still I Rise“ locker. Denn das ist ohne Übertreibung eine der faszinierendsten und ungewöhnlichsten Veröffentlichungen des Jahres 2012.

 

Wenn die Gitarre bei „Clarksdale Moan“ einsetzt, dann ist alles noch völlig normal. Dann kommt eine Bluesharp hinzu und das Schlagzeug setzt einen stoischen Groove. Doch dann – ein Bläsersatz sorgt dafür, dass der alte Song von Son House sich aus dem gewohnten Umfeld des Deltablues in ganz neue Sphären bewegt: Jazz trifft Blues zu einer Zeit, als beide noch ganz eng beieinander wohnende Geschwister waren. Und doch ist das keine Oldie-Schaffe. Denn das Bläserarrangement zeichnet auch die Zukunft in den Klang mit ein, die über die großen Kompositionen von Duke Ellington bis in die Gegenwart reicht. Und „Still I Rise“ geht genau in dieser Richtung weiter: Ob nun das von Nina Simone bekannte „C-Line Woman“ vom Worksong hin zu einem afrikanischen Trommelexkurs geführt wird oder Muddy Waters‘ „Catfish Blues“ zum New Orleans-R&B-Reißer mutiert, der von einem Tubarhythmus angetrieben sich gegen Modern-Jazz-Bläser durchsetzt, (die ab und zu sogar an die impressionnistischen Klänge eines Debussy erinnern) und diese zum Tanzen bringt. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt einmal so eine faszinierende und lebenssprühende „Erbeverwaltung“ gehört habe. Blues und Jazz, Tradition und Moderne und all das ohne akademische Zeigefinger und in jedem Takt tanzbarer als die Dance-Charts der letzten Monate zuammengenommen! Und nebenbei bekommt man einen Überblick über die ganze Bluesgeschichte von den Worksongs und Fieldhollers über Spirituals und Boogie Woogie bis in die bluesrockige Gegenwart.

Hinter dem Heritage Blues Orchestra stehen vor allem Die beiden Sänger und Gitarristen Junior Mack und Bill Sims Jr. und seine Tochter  Chaney Sims. Die drei teilen sich die Gesangsparts in einem Orchesterklang, der vor allem durch die Bläserarrangements von John Williams seine einzigartige Jazzqualität erhält. Für die Rhythmen ist Kenny ‚Beedy Eyes‘ Smith zuständig.

„And Still I Rise“ – ein von vorn bis hinten gelungenes Experiment und für den Schulunterricht besser geeignet langweilige Vorträge über Musiktheorie und afrikanische Wurzeln und ihre Veränderungen im Laufe der Geschichte. Kaufen, anhören, weitersagen oder verschenken!