theesink evans deltaBlues und Gospel mit jeder Menge Delta-Feeling: Mit ihrem zweiten gemeinsamen Album „Delta Time“ haben Hans Theesink und Terry Evans eines der besten akustischen Bluesalben 2012 veröffentlicht. Beteiligt war dabei unter anderem auch Ry Cooder.

 

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte für die Behauptung, dass der Blues inzwischen eine musikalische Weltsprache ist, die nicht mehr nur von Bewohnern des Mississippi-Deltas flüssig gesprochen werden kann, dann liefert diese Zusammenarbeit zwischen dem in Österreich lebenden Holländer Hans Theesink und dem aus Vicksburg (Mississippi) stammenden Terry Evans das letzte nötige Argument. Was die beiden in einem Studio in Kalifornien (was tut man nicht alles, um dem Winter in Wien zu entfliehen!) aufgenommen haben, ist Blues von allerhöchster Güte: Musikalisch sowieso, aber auch von der Ernsthaftigkeit, mit der die beiden Sänger und Gitarristen Klassiker und neue Songs interpretieren erzeugt wahlweise Gänsehaut, Fingerschnippen oder Tränen in den Augen: Blues ist eben nur dann wirklich Blues, wenn er den Menschen (als Musiker und als Hörer) im tiefsten Inneren seines Seins ergreift. Und natürlich auch dann, wenn in den Liedern die großen Themen von Leben und Tod, von Liebe und Freude, Trauer und Getriebensein zur Sprache kommen. Eines der berührendsten Lieder der beiden Musiker ist eine fast neunminütige Version von J.B. Lenoirs „Down in Mississippi“: Es ist völlig gleichgültig, wie weit die Politik seit den Zeiten Lenoirs sich verändert hat – Rassissmus und Ausgrenzung sind nicht nur in den Südstaaten der USA noch immer Themen, die einer gerechten Gesellschaft im Wege stehen. Am gegenüberliegenden Ende der Stimmungsskala des Albums steht mit „The Birds and the Bees“ ausgerechnet ein lustiges Kinderlied. Terry Evans hatte damit vor 50 Jahren seinen ersten Hit. Und noch heute ist das eine der Nummern, bei denen man unwillkürlich ein Lächeln auf den Lippen verspürt. Dazwischen stehen vor allem die drei Songs, bei denen Ry Cooder seine Gitarre in die Lieder einbrachte: „Blues Stay Away From Me“ (in den 40ern ein Hit für die Delmore Brothers) ist nahe an der Perfektion. „Built Myself a Home“ ist ein Gospel mit einem Groove, der einen sofort packt und gepickten Gitarren vom Allerfeinsten. Und das von Theesink geschriebene „Shelter from the Storm“ ist ebenso großartig und für mich mal wieder der Belegt dafür, dass akustischer Blues heutzutage sich niemals nur auf den quasi-klassizistischen Pfaden etwa von Keb‘ Mo bewegen darf, wenn er nicht eines langsamen Todes im Museum sterben will. Dass Blues und Gospel so ziemlich die ganze Popmusikgeschichte bis hin in die Gegenwart geprägt haben, wird deutlich, wenn man beobachtet, wie Lieder von so unterschiedlicher Herkunft wie etwa von Grateful Dead, Chuck Berry oder auch Eric Clapton bei Theesink und Evans wie selbstverständlich zum Blues werden. Ein absoluter Pflichtkauf für jeden Bluesfan!

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