Auf dem Grund der Ostsee werden rund 100000 Wracks der verschiedensten Zeiten vermutet. Die Schweden Björn Hagber, Jonas Dahm und Carl Douglas zeigen mit eindrücklichen Fotografien vor allem Beispiele aus der Zeit der beiden Weltkriege.

Es ist ein großer Vorteil für Archäologen, dass sich der Schiffsbohrwurm in der Ostsee nicht heimisch fühlt. So sind auf dem Grunde des Binnenmeeres Wracks der verschiedensten Jahrhunderte in teilweise bestechendem Zustand erhalten. Der schwedische Wracktaucher und Fotograf Jonas Dahm hat sich in den letzten Jahren besonders um die Dokumentation der in der Ostsee versenkten Flüchtlingsschiffe wie der Wilhelm Gustloff, der Steuben und vor allem der Goya verdient gemacht. Bilder und Texte zu diesen Tragödien zum Ende des Zweiten Weltkrieges bilden einen Schwerpunkt in dem Band „Wracks in der Ostsee. Für die Welt verloren“, dass Dahm gemeinsam mit dem Archäologen Björn Hagberg und dem Historiker Carl Douglas veröffentlicht hat.

Doch der Band, der aus schwedischer Sicht einen Rückblick auf die See- und Seekriegsgeschichte vor allem des 20. Jahrhunderts bietet, ist noch mehr. So finden sich Abhandlungen etwa zum Schicksal schwedischer und deutscher Frachter im 1. Weltkrieg ebenso wie zum russischen U-Boot-Krieg im 2. Weltkrieg oder der Suche nach einem von den Sowjets abgeschossenen schwedischen Spionageflugzeug in den 50er Jahren.

Was den Band vor allem eindrucksvoll macht, sind die gespenstisch schönen Fotos aus dem Inneren der verschiedensten Wracks. Hier wird nicht nur die Grausamkeit der See, sondern vor allem auch die Grausamkeit moderner Kriegsführung sichtbargemacht in Form technisch brillianter Bilder. In der Art von Stilleben werden Zeitfenster in die Vergangenheit geöffnet, wie sie etwa von der Fundstelle der Titanic her nicht möglich wären. Denn dort ist die Zersetzung des Wracks durch den Einfluss von Tiefsee und Salzwasser deutlich fortgeschrittener als in der salz- und sauerstoffarmen Ostsee.

Für einen Überblick über die Schiffahrtsgeschichte der Ostsee insgesamt ist das Buch sicherlich zu einseitig in seiner Fixierung. Doch gerade als Ergänzung der Geschichtsliteratur zu den Weltkriegen sind Dahms Bilder nur zu empfehlen.