Hadden Sayers singt den Blues mit der Eindrücklichkeit eines echten Seelsorgers. Hier ist einer, der aus seinem Leben die Kraft schöpft, mit der Musik auch anderen Heilung zu schenken. Und natürlich ist Hayden Sayers ein Bluesgitarrist, der mit seiner Strat Linien malen kann, die in ihrer Schlichtheit einfach unwahrscheinliche Schönheit ausstrahlen.

Irgendwann Anfang des Jahrhunderts kannte man den Namen von Hadden Sayers nicht nur in der texanischen Bluesszene. Er war gefragt nicht nur in Houston und Umgebung, war beständig auf Tour und veröffentlichte hoch gelobte Platten. Doch dann war er weg vom Fenster. Erst war er mit seiner Frau in den mittleren Westen gezogen. Sie hatte die Chance, an einem renommierten Krebsforschungsinstitut zu arbeiten. Hayden suchte sich eine neue Band zusammen. Doch dann lösten sich einige Plattendeals plötzlich mitsamt den Firmen in Luft auf. Bandmitglieder starben unerwartet. Und dann verschwand auch noch sein Booking-Agent. Hayden Saysers hatte genug von der Musik. Seine Strat verstaubte in der Ecke. Und Sayers begann mit der Reparatur einer Fischerhütte, um einen klaren Kopf zu bekommen. Und dann war dann doch irgendwann wieder der Blues, der sich meldete, die Melodie, die einem durch den Kopf ging.

Dann rief Ruthie Foster an, und holte ihn in ihre Band. Und sie unterstützte ihn auch bei den ersten neuen Aufnahmen, die 2011 zum Album „Hard Dollar“ führten. Die Single „Back to the Blues“ (von Sayers und Foster gemeinsam gesungen) wurde bei den Blues Music Awards als „Song of the year“ nominiert. Und plötzlich war Sayers wieder zurück, als wäre nichts gewesen.
Doch dass da was gewesen ist, dass ist in jeder Note von „Rolling Soul“ zu hören: Das ist nicht der leichtfertig dahingespielte Partyblues für die Kneipennacht mit Freunden. Das ist Blues in medizinzischer Konzentration, der einen auffängt in fruchtlosen Grübeleien, der einem neue Gedanken fern der Hoffnungslosigkeit schenken kann, wenn man sich auf die Musik und die Geschichten von der Straße einlässt, die Sayers erzählt in seinen Liedern.

Da ist etwa „Unhappy“, was so gar nicht unglücklich klingt: Die Geschichte von einem Typen, der letztlich kein Glück hat, aber sein Leben mit Klamotten von der Heilsarmee doch nicht als Grund zur Verzweiflung sieht. Ein Rock & Roll wie „Tippin‘ In“ ist voller Energie, die Dinge anzupacken, dass er nicht nur zum Tanzen reizt. Und wenn Sayers gemeinsam mit Ruthie Foster „Lay Down Your Worries“ singt, dann ist das ein Lied, dass mich ähnlich stark berührt wie damals als ich erstmals „The Weight“ von The Band oder „You‘ve Got A Friend“ in der Fassunng von James Taylor hörte: Musik, die heilen kann, die Schmerzen lindert und einen nicht nur einfach ablenkt durch elegante Melodien. Das ist Blues, wie ihn der Doktor verschreibt. Oder aber der Pfarrer.