Schon 1979 hatte George Martin erstmals seine Autobiographie veröffentlicht. Ohne wesentliche Aktualisierungen wurde sie in den USA zuletzt 1994 neu gedruckt. 2013 hat der Hannibal Verlag die Erinnerungen des Produzenten in deutscher Sprache herausgebracht. 

George Martin (mit Jeremy Hornsby): Es begann in der Abbey Road

George Martin, der eigentlich erst den Beruf des Popmusikproduzenten in der heutigen Sicht definiert hat, wird natürlich immer zuerst mit den Beatles in Erinnerung gebracht. Aber seine Autobiographie – eigentlich mehr eine Sammlung von Erinnerungen, Anekdoten und Bermerkungen zum Produzieren und zur technischen Entwicklung – konzentriert sich zum Glück nicht nur auf diese zehn Jahre. Er zeichnet ein skizzenhaftes Bild von Großbritannien vom Ende des zweiten Weltkrieg bis hin zum Beginn des digitalen Zeitalters in der Musik.

Als typisch britischer Gentleman sind seine Erinnerungen voll menschlichem Humor, einer Menge Sachkenntnis – und viel Liebe zum Beruf. Ob er die Arbeit mit schottischen Tanzmusikern und deren Liebe zum Whiskey schildert oder die Probleme bei der Produktion von Comedy-Alben mit Peter Sellers oder Peter Ustinov.

Aber natürlich sind es vor allem die Erinnerungen, wie er gemeinsam mit den Beatles den Weg der Popmusik für immer verändert hat, die das Buch besonders reizvoll machen. Auch wenn er sich immer gegen den Titel des fünften Beatle gewehrt hat – ohne seine Hinweise am Anfang der Bandkarriere – und ohne seine technischen Fertigkeiten bei den späteren Alben – ist das Phänomen dieser Band nicht zu verstehen. Und wie unterschiedlich er mit ihnen und anderen Bands nicht nur aus dem Umfeld von Brian Epstein (Garry & The Peacemakers, Cilla Black) herangehen musste, um erfolgreiche Platten zu produzieren, macht diese Kapitel noch spannender. Denn Zu oft vergisst man aus der heutigen Sicht die zahllosen anderen Bands, die nach dem Erfolg der Beatles plötzlich bei allen Labels Verträge erhielten und meist nur für kurze Zeit in den Hitparaden auftauchten.

Wenn Martin über die Entwicklung der Aufnahmetechnik oder der Produktionsmethoden erzählt, dann wird das ansonsten leicht und unterhaltsam zu lesende Buch ein wenig trockener. Doch wird aus ihnen erst so richtig deutlich, welche Bedeutung auf Grund seiner Arbeit der Beruf des Plattenproduzenten heute gewonnen hat. Als er die Leitung des kleinen Labels Parlaphone übernommen hatte, da war der Beruf der Produzenten kaum wirklich definiert – und er war absolut mies bezahlt. Heute bestimmen Produzenten nicht nur mit, wie eine Band auf Platte rüberkommt. Sie verdienen ebenso aum Verkauf der Werke mit. Dass die EMI nicht bereit war, ihm seiner Arbeit gemäß zu bezahlen, führte bei Martin zum Entschluss, sich als Produzent selbstständig zu machen.

Was man leider anmerken muss: Nicht nur dass auf Grund der späten Veröffentlichung auf Deutsch einige wichtige Daten aus dem Leben von Martin fehlen – richtig ärgerlich ist auch, dass das Kapitel zur Digitalisierung der Musikproduktion einfach komplett veraltet ist. Hier wäre eine Kürzung sinnvoll gewesen, wenn man schon vom Autor keine Aktualisierung bekommen kann. Allerdings hat er sich auch in den später geführten Interviews zu der Dokumentation „Produced By George Martin“ nicht zu diesem Thema geäußert. Bei anderen Themen allerdings sei dieser Film zur Ergänzung empfohlen.