Zu Blues statt Schwoof hatte die Blue Note Blues Band aufgerufen. Und mit ihrem Konzert im Café Caspar stellten sie sich ganz konsequent gegen die große Schlager- und Tanznacht in Schönwalde. Hinterher waren alle recht zufrieden: Die Band, weil rund 50 Leute im Keller des Caspar bei ihrer Musik eine Party feierten. Und auch der Café-Inhaber, weil er mal wieder etwas Live-Musik anbieten konnte.
Und selbst Tom Peters freute sich, dass die Band trotz der Absage der Greifswalder Musiknacht noch eine Möglichkeit gefunden hatte, ihre Herbstkonzerte im Norden zu machen.
Denn was der normale Besucher der Musiknacht nicht weiß: Für Bands wie die Münchner Blueser war der Ausflug im Herbst in den Norden mittlerweile ein fester Punkt in ihrer Jahresplanung. Normalerweise spielen die sechs Herren rund einen Gig im Monat in München und Umgebung. Doch im Oktober kommen dann hier in Vorpommern (auf deutscher und polnischer Seite) meist drei Auftritte an einem Wochenende zusammen. Die machen sie nicht, um viel Geld zu verdienen – die Musiker spielen seit 1983 mehr aus Spaß am Blues und gehen ansonsten anderen Beschäftigungen nach. Sie betrachten die Reise als ein Stück Urlaub, bei dem man durch die Konzerte ein wenig Geld mehr zusammenbekommt, als die Reise selbst kostet. Mittlerweile haben sie eine eigene Fangemeinde selbst in Swinemünde gefunden. Dort treten sie regelmäßig in einem Klub auf.
Blues und Soul ist für sie auch mehr als ein Hobby – eigentlich hören sie überhaupt kaum andere Musik. Und so haben sie den Besuchern im Caspar auch genau das gegeben: Klassiker des Chicago-Blues zumeist, ein paar bekannte Soulnummern. Und versteckt die eine oder andere Eigenkomposition. Manche nennen sowas: Kneipenmusik und zucken verächtlich die Schulten. Doch eigentlich ist diese Klassifizierung so schlecht wirkklich nicht: Wenn man als Musikfan die Chance hat, abends in der Kneipe Live-Musik von guter Qualität zu hören, dann ist das schon ein paar Euro Eintritt wert. Und man geht mit einem guten Gefühl und einem Lächeln im Gesicht nach Hause, wenn man bei Songs wie „Mustang Sally“ mitgesungen, zu „Boom Boom“ rhythmisch im Takt gewippt und bei „Mannish Boy“ einen Sänger erleben konnte, der völlig in dem Stück aufgeht und es ganz zu seinem eigenen Blues macht. Das war Blues-Unterhaltung auf hohem Niveau. Hier merkt man die Liebe zur Musik und zum Publikum bei den Musikern. Und das ist eine Haltung, wie sie sein sollte. Und wenn dann noch einer der Höhepunkte (zumindest für den Rezensenten) ein eigener Song wie „F.T.A.“ ist (hier geht es – ganz gegen die Meinung der Band, Blues sei eigentlich zu hundert Prozent über Beziehungskisten – um das Gefühl der in Bayern stationierten GIs geht, für ein obskures Billigreisebüro quer durch die Welt zum Sterben geschickt zu werden), dann kann man nur von einem wirklich guten Abend sprechen.
Ach so: Die Musiknacht in Greifswald wird es ab April wieder geben. Tom Peter vom Ravic hat das Konzept an einen Mann aus Demmin weiter gegeben. Und der arbeitet mit einer Hamburger Konzertagentur zusammen. Mal sehn, ob dann ab dem Frühjahr auch andere Bands in den Greifswalder Kneipen zu erleben sind. Die Blue Note Blues Band freut sich schon drauf. Ihr ist jeder Partner recht, der die Veranstaltungen weiterführt, so lange der nicht „Honky Tonk“ heißt. Denn diese bundesweite Reihe ist durch seltsame Vertragsbedingungen für Musiker und Kneipen mittlerweile äußerst umstritten.