CoverWenn man die Musik des Slowaken Lubos Bena und des tschechischen Straßenmusikers Matej Ptaszek hört, fühlt man sich in die Frühzeit des Blues vor dem Zweiten Weltkrieg versetzt. Songauswahl und Spielweise der beiden knüpfen auf "Music of the Mississippi River" ganz bewußt an Leadbelly oder das Duo Sonny Terry & Brownie McGhee an.

Der erste Blick auf die Rückseite der CD machte nicht wirklich neugierig. Bekannte Lieder wie "John Henry", "House of the Rising Sun" oder "Key To The Highway" finden sich auf dem Album. Keine eigenen Songs.

Doch schon beim ersten Song kam die Überraschung: Wie der Dobro-Spieler Lubos Bena sein Instrument beherrscht, das klingt wahlweise nach Leadbelly, Blind Boy Fuller oder Brownie McGhee. Und doch ist jeder auf der Platte vertretene Interpretation ganz seine eigene. Historische Aufführungspraxis im Blues? Ja, aber ganz deutlich hörbar mit einer eigenen Meinung. Erinnerungen werden wach an die grandios verrückten Interpretationen und eigenen Songs von C.W. Stoneking.

Und das trifft auch auf das Harmonikaspiel und vor allem auf den Gesang von Matej Ptaszek zu: Die brüchig-klagende Stimme konsequent durch ein Blechhorn eines Grammophons noch weiter verfremdet singt er sich durch das altbekannte Repertoire. Und doch ist man immer wieder überrascht, wie er den alten Gassenhauern seine eigene Note mitgibt. "House of the Rising Sun" etwa klingt weder nach der Hitfassung der Animals noch nach den Aufnahmen von Leadbelly sondern irgendwie nach einer Country-Ballade voller Melancholie. Oder Ray Charles "I Got A Woman" wird aus einem Gospel-Soul ganz rabiat zu einem Delta-Blues umgeformt.

Man merkt den beiden ganz deutlich an, dass sie sich lange und ernsthaft (und Bena auch vor Ort in Mississippi und Tennessee) mit der Geschichte des Blues beschäftigt haben. Aber was man ihnen auch anmerkt ist ihre Herkunft aus der Straßenmusik, wo jeder Song ein Hit sein muss, um die vorbeilaufenden Hörer zum Bleiben zu ermutigen. Auf der Straße, genauer gesagt auf der Prager Karlsbrücke haben die beiden ihre Karriere begonnen. Doch mittlerweile sind sie europaweit in Clubs und auf Festivals zu erleben. Und sie haben im Vorprogramm etwa von Johnny Winter spielen können.

Mit "Music of the Mississippi River" hat Stormy Monday Records jetzt ein Album des Duos veröffentlicht, das neugierig nicht nur auf ein Live-Erlebnis macht sondern auch auf weitere Platten hoffen lässt. Und vielleicht findet sich ja jenseits der Straßenmusik auch die Zeit, eigene Geschichten in diese alte Musik zu fassen. Und darüber würde ich mich besonders freuen.