"Gleich werden Freygang auftreten", meinte mein Komilitone. Ich war erstaunt. Denn der Ort des Konzertes war die Greifswalder Mensa. Und die Veranstaltung gehörte zu den FDJ-Studententagen. Schon dass etliche der Underground-Bands der DDR wie die "Firma" und "Feeling B" in diesem Rahmen eingeladen wurden, war eine kleinere Sensation.

 

Aber [[Freygang]] – das war sicher nicht im System der Veranstalter vorgesehen. Die hatten ja lebenslanges Auftrittsverbot, sollten (so die Reden hinter vorgehaltener Hand) bei Konzerten auch schon mal FDJ-Fahnen verbrannt haben. Doch dann passierte es wirklich. Die sonst weniger bemerkenswerte Band "Zuma" war fertig mit ihrem Gig. Und schon kamen Freygang auf die Bühne für ein paar wenige Lieder. Das Publikum fand es klasse. Hinterher soll allerdings die FDJ einen neuen Chef bekommen haben. Das Datum des Auftritts? Ist mir leider ebensowenig in Erinnerung geblieben wie die Lieder, die sie damals gespielt haben. Schade…

 

Gegründet wurde Freygang schon 1977 auf dem Höhepunkt der Blues-Welle in der DDR. Doch schon bald entwickelt sie sich von den Blueswurzeln weg zu einer politisch äußerst aktiven und daher von den Behörden angefeindeten Band. Immer wieder wurden Musiker wie Bandgründer Andre Greiner-Pol mit Auftrittsverboten belegt. Manche gingen entnervt in den Westen. Doch irgendwie tauchte Freygang immer wieder auf den Bühnen des Landes (oder auch unter Tarnnamen selbst in der Sowjetunion) auf. Motto von Greiner-Pol: "Der Blues muss bewaffnet sein, sonst glaubt dir kein Schwein". Das war nicht nur ein Affront gegen die sozialisten Reden von wegen "Der Frieden muss bewaffnet sein" sondern auch eine direkte Kampfansage gegen den spießigen Mief der DDR-Kulturbehörden. Immer mehr wurden "Ton Steine Scherben" zum Vorbild der Gruppe.

Im Kreise der Blueser und "Gammler" wurden Freygang schnell zu Helden, die etwa in Ketzin bis zu 7000 Fans mobilisieren konnten. Sie traten bei den Bluesmessen in Ostberlin ebenso auf wie  in zahllosen Kneipen im Land. Als sie 1985 grad mal wieder ihre Zulassung hatten, erschienen zum ersten Konzert in Leipzig gleich mehr als 3000 Zuschauer in die Leipziger Kongresshalle.

Auch nach der Wende blieben sie als politisch aktive Band unterwegs. Allerdings muss man sie mittlerweile wohl wirklich nur noch als Punkband einsortieren. Die Blueswurzeln sind endgültig verschwunden. Anfang 1990 beteiligte sich Freygang mit Bands wie Feeling B oder Die Firma an Aktionen zur Gründungen des Kunsthauses Tacheles in Berlih. Die mit Herbst in Peking, Ichfunktion, und Die Firma 1990 in drei Tagen eingespielte Langspielplatte gilt als letzte der DDR. Und sie gründeten eigene regelmäßige Open-Air-Festivals im Lande. Nachdem André Greiner-Pohl Ende 2008 starb, laufen die Konzerte der Restband jetzt unter dem Namen Freygang-Band.