Ernie SouthernAngesichts des Bluesrock, Jump Blues oder ähnlicher Modernismen scheint die Zeit des klassischen Delta-Blues eigentlich lange vorbei zu sein. Doch immer wieder kommt da jemand, der einen ganz leicht vom Gegenteil überzeugt. Wie etwa der in Florida ansässige Ernie Southern.

Die Slide-Gitarre jault und klagt, der Sänger stimmt mit ein – man könnte sich in die 20er Jahre zurück versetzt fühlen. Hier ist einer mit seinem Instrument und seinem Blues genau am rechten Fleck. Und selbst Journalisten, die sich sonst nur um elektrifizierte Bluesmusik kümmern, müssen feststellen, dass Ernie Southern ein Phänomen ist, dass man unbedingt gehört haben muss. 

Als Bluesman wurde Southern erstmals 2003 größeren Kreisen bekannt. Damals war er Teilnehmer der International Blues Challenge und kam bei dem Wettbewerb ins Finale bei den akustischen Künstlern. Doch eigentlich ist er schon viel länger im Musikgeschäft.

So verdiente er sich als Teenager Geld als Sänger auf den Straßen von New York und war mit der Doo Wop Gruppe Nick and the Knacks im Studio und auf Tour. In den 60ern traten sie in New York auch im Fernsehen auf und erhielten von Chess Records einen Plattenvertrag angeboten.


Doch dann kam der Vietnamkrieg. Vier Jahre musste er an Bord des Flugzeugträgers Enterprise ableisten. In der Zeit konnte er sich aber auch musikalisch fortbilden. Besonders alte Bluesmeister wie Blind Lemon Jefferson und Lightnin‘ Hopkins fanden damals sein Interesse.

Mit dem Ende der 60er und dem Beginn der 70er hatte sich die Musik allerdings fortentwickelt. Statt klassischem Blues kam Psychedelic und es kam Jazz-Rock in all seinen Ausprägungen in die Konzerthallen. Southern begann daher Bass in Fusion-Bands zu spielen. Damals lebte er in Berkeley in Kalifornien. Außerdem studierte er damals auch noch ernsthaft Musik, etwa bei dem klassischen Komponisten Darius Meaux. Die Zusammenarbeit mit dem Multi-Instrumentalisten führte mit „Sailing Thru“ zu einem zumindest im Nordosten der USA regionalen Hit.

1979 zog er nach Fort Lauderdale und spielte in den verschiedensten Bands. 1992 schließlich legte er den Bass beiseite und griff wieder zur Gitarre. Jetzt widmete er sich endlich dem Delta Blues. Seither hat er Konzerte für so ziemlich die bekanntesten Namen im Blues eröffnet: James Cotton, John Hammond, Joe Bonamasse oder auch Ben Prestage.

Mehrere CDs hat er außerdem veröffentlicht, meist mit eigenen, durchaus an den Problemen der Zeit orientierten Stücken. „Prozac Blues“ über die Manie, alles mit einem Pilleneinwurf zu beantworten, ist dafür nur ein Beispiel. Sein Slide-Spiel und sein kompromissloss radikaler Gesang macht aber auch nicht vor Neuinterpretationen von Liedern etwa von Robert Johnson halt. Und dabei kommen bessere Versionen heraus als bei den allermeisten anderen Musikern, die sich dazu berufen fühlen. Unterwegs durch die Blueskneipen vor allem in Florida ist er seit einiger Zeit nicht mehr als Solist sondern mit seiner Band The Deltaholics. Und dieses Quartett dürfte so ziemlich jeden Juke Joint in eine Tanzparty verwandeln.