Oder: Die heimliche Diskothek. Über das Verhältnis der Universitäts- und Hansestadt zu ihrer Kneipen- und Musikszene.
Eines muss man mal festhalten: Der Neid herrscht in Greifswald. Kaum hat jemand ne Idee, die vielleicht vielversprechend sein könnte, schon schießen sich andere drauf ein. Ideen muss man verhindern. Wo käme man denn sonst hin? Da könnte sich ja sonst mal was verändern in der Stadt!
Beispiel gefällig: Kaum war die Wasser-Prawda im neuen Layout online, versuchte schon irgend ein Trottel, den Server zum Absturz zu bringen. Allerdings hat er sich dermaßen dämlich angestellt, dass daraus nichts wurde… Sowas ist ja noch witzig zu sehen. Anders ist aber diese Geschichte: Da gab es die Idee, regelmäßig in einer Kneipe ein wenig anderes Musikprogramm zu spielen, als man in den Clubs und Discotheken der Stadt erleben kann. Konkret: Handgemachte Musik zwischen Swing und Soul, Dancefloor Jazz und ein wenig aktuelle swingende Electromucke. Die ersten zwei Parties in der Hornfischbar sind gelaufen. Und offensichtlich hatten die Besucher auch ihren Spaß. Und hier liegt das Problem: Sowas darf einfach nicht sein! Mit Bußgeldandrohung wurde dem Kneipenbetreiber untersagt, weiterhin eine „ungenehmigte Discothek“ zu betreiben. Bitte? Wo leben wir denn? Seit wann ist ein kleiner (mit 30 Besuchern komplett gefüllter) Raum eine Discothek? Darf ein Kneiper jetzt keine „elektronisch verstärkte Musik“ mehr spielen? (Mal ne kleine Anmerkung; wenn damit auch das sinnlose dudeln von Radiosendern im Hintergrund öffenlich zugänglicher Räume betroffen wäre, dann würde ich das ja sofort begrüßen…)
Ich weiß ja, dass die Bewohner im Hafenbereich sich schon immer gegen öffentlich wahrnehmbare kulturelle Aktivitäten engagieren. Man denke nur an die grandiose Freilichtbühne, auf der nur noch für paar Wochen ein wenig Shakespeare gespielt werden darf – und das auch nur bis 22 Uhr. Aber eine Party in der Hornfischbar ist von außen überhaupt nicht zu merken. Dafür sind die Lautstärken zu gering – ansonsten würde man es unter Deck ja gar nicht aushalten. Das kann also nicht der offizielle Grund für das Verbot sein.
Oder sollte es daran liegen, dass ja in Eldena mit der „Walter“ noch ein weiteres Schiff drauf wartet, als Veranstaltungsort in Betrieb genommen zu werden? Hier gab es wohl im Vorfeld gewaltige Differenzen zwischen den kommunalen Behörden und dem Betreiberverein, zu dem auch der Chef der Hornfischbar gehört. Nach deren Aussagen soll es übrigens nur noch an einer fehlenden Ausweisung einer Feuerwehrzufahrt im Bereich der Baustelle des geplanten Sperrwerkes mangeln. Was man von anderer Seite andeutungsweise zu hören bekommt, klingt allerdings eher so, als sei die Walter eigentlich im Gefahrenfall eine einzige Menschenfalle…
Aber auch das sollte man nicht als Verbotskeule herausholen. Immerhin ist die Pomeria ein ganz anderes Kaliber als die Walter – und die Gefahr eines lautstarken Menschenaufkommens bei weiteren Parties steht eigentlich nicht zu befürchten. Denn hier laufen weder aktuelle Charthits noch abgenudelter 80er Jahre-Müll, kein lauter Techno, kein House, nichts, was das normale partysuchende Jungvolk so zu konsumieren pflegt. Sondern die Parties sollten auch den Leuten, die auf Tanzmusik jenseits des Normalen stehen, die Möglichkeit zum Tanzen geben. Aber die Gefahr, wegen einer heimlichen Discothek verklagt zu werden, war der Hornfischbar dann doch zu riskant. Schade eigentlich. Aber wiederum auch typisch für Greifswalder Neid.